9. Semester in (09/2015 - 12/2015)

Betreuung
5
Lehrveranstaltungen
0
Besuchte Stationen
4
Lebenshaltungskosten
5

Ich empfehle ....

... diese Region
Ja
... Auslandsaufenthalt
Ja

Weiteres zum Aufenthalt

Tertiale
Notfall, Pädiatrie, und Gynäkologie

Wie würdest du die Gastuniversität beurteilen? Wie war die Betreuung vor Ort?

Die University of Nagoya zählt sicherlich zu den renommiertesten Unis Japans und gibt sich wirklich sehr große Mühe diesen Ruf nach außen zu tragen. Das angebotene Austauschprogramm (Nagoya University Program for Academic Exchange, kurz NUPACE) richtet sich nicht nur an Medizinstudenten, sondern an Studenten aller Fachrichtungen. Die Organisation wirkt tadellos und man wird rundum sehr freundlich und umfassend betreut, wenn man etwas braucht.
Da die Graduate School of Medicine allerdings auf einem eigenen Campus ausgelagert ist und – bis auf die Universität Freiburg, welche Famulaturen in Nagoya anbietet – keine andere medizinische Uni/Fakultät einen Austausch mit Nagoya betreibt, ist man bei den Büros der Universität (NUPACE) meist etwas ratlos zu den beiden Studenten aus Wien. Viele Dinge sind mit dem Büro der Universität und viele andere Dinge mit dem Büro der Fakultät zu klären. Dies hat letztlich auch dazu geführt, dass wir Krankenversicherung und Haftpflichtversicherung doppelt abschließen mussten (keine großen Beträge, mehr ein organisatorischer als finanzieller Aufwand). Aber keine Angst, es wird einem wirklich alles bis ins letzte Detail erklärt und man kann nix falsch machen und so schlimm ist es auch gar nicht. Der Campus der Uni ist sehr weitläufig und lädt wie ich finde auch zum Verweilen ein. Freizeitangebote gibt es in Form von einer Art Clubs, die von den Studenten selbst organisiert und geleitet werden, die Uni stellt „lediglich“ die Sportplätze zur Verfügung. Das Angebot an Clubs ist allerdings wirklich groß und es sollte für jeden was dabei sein (auch wenn an dieser Stelle erwähnt sei, dass die Zeit dafür gerade als Medizinstudent äußerst begrenzt ist).

Wie würdest du das/die Gastkrankenhäuser und deine Tertiale beurteilen? Was waren deine Tätigkeitsbereiche?

Am Uniklinikum von Nagoya gibt es sowohl eine allgemeine Studienabteilung, die gleichermaßen für japanische und ausländische Studenten zuständig ist wenn es um Dinge wie Versicherung etc. geht als auch ein Büro, welches sich den Internationals widmet. In beiden Büros war man stets sehr freundlich und hilfsbereit.
Das Krankenhaus selbst ist ein modernes, sehr gut ausgestattetes Haus mit allen Annehmlichkeiten eines modernen, westlichen Uniklinikums. Auch ist es recht groß und betreut doch recht viele Patienten, was bedeutet, dass man viele verschiedene Fälle zu Gesicht bekommen kann.
Die Tertiale hätten unterschiedlicher nicht sein können.
Auf der Notfallabteilung haben wir die ganze Zeit auf der Intensivstation verbracht, wo man wirklich sehr freundlich zu uns war, aber leider auch nicht so recht was mit uns anzufangen wusste. Bei der Übergabe am Morgen hat der Prof. immer versucht jemanden zu finden, der für uns übersetzt, aber im Stationsalltag danach war leider gar kein Platz für Studenten. Während unserer Zeit dort fuhr ein großer Teil der Abteilung zu einem Kongress nach Tokio und wir fragten vorsichtig, ob wir eventuell auch zum Kongress fahren könnten, was darin endete, dass die Abteilung die Hotelkosten (Kapselhotel, Tokio ist teuer…) übernommen hat und wir somit nur die Anreise selber zahlen mussten. In Tokio hatten wir dann ein paar wirklich schöne Tage beim Kongress und auch zum Abendprogramm führten uns der Prof. und die Ärzte aus (Hafenrundfahrt incl. Reichhaltigem Buffet). Ansonsten war es leider weniger spannend, wofür sie aber recht wenig konnten, man ist Studenten einfach in der Form nicht gewöhnt in Japan (mehr dazu unten).
Auf der Gynäkologie war ich dann allein. Ich wurde wie gewohnt äußert zuvorkommend behandelt, aber auch gleich in die wichtigsten Abläufe (und den OP-Plan) eingeweiht. Ich hatte hier wirklich eine geniale Zeit, weshalb ich während dieser wirklich sehr viel Zeit im Krankenhaus verbraucht habe. Man hat mich viele Dinge tun lassen und mir sehr vieles erklärt! Insbesondere Nakamura- sensei ist hier eine tolle Ansprechpartnerin, da sie perfekt Englisch spricht.
Auf der Pädiatrie waren wir dann wieder zu Zweit und leider gar nicht so recht begeistert. Auch hier wusste man wenig mit uns anzufangen, wollte aber dennoch, dass wir recht lange bleiben, was dazu geführt hat, dass wir viele Stunden allein in einem Besprechungsraum verbracht haben. Wenn die richtigen Ärzte Dienst hatten und insbesondere auf der Kinderneuro konnte es allerdings auch recht spannend sein, es waren schon durchaus nette und motivierte Ärzte dabei, welche aber leider eher die Minderheit der Belegschaft stellen.
Insgesamt war ich schon recht zufrieden mit meinen Tertialen. Gynäkologie würde ich auf jeden Fall wieder machen und auch Notfall war recht gut (wenn auch nicht unbedingt fachlich), statt Pädiatrie würde ich, hätte ich erneut die Wahl, aber vermutlich eher Neuro oder Auge/HNO machen.

Als wichtigstes vorab sei vielleicht gesagt: Japanische Medizinstudenten im 5. Jahr haben in der Regel noch nie auch nur irgendetwas praktisch am Patienten gemacht. Das spürt man auch deutlich. Das Studium in Japan ist sehr theoretisch ausgerichtet und Studenten haben eigentlich so gut wie gar keinen Patientenkontakt. Die Anwesenheit der japanischen Studenten auf den Stationen beschränkt sich meist auf die Morgenübergabe bzw. diverse andere Besprechungen. Entsprechend überfordert war man dann teilweise damit, dass plötzlich ein Student die ganze Zeit anwesend ist. Es gibt jedoch durchaus auch sehr Positives zu berichten.
Wie bereits erwähnt konnten wir auf der Intensivstation leider sehr wenig tun als den Besprechungen zu lauschen, welche mal mehr, mal weniger für uns übersetzt wurden. Eine recht interessante Fortbildung gab es allerdings. Diese war für die Rettung von Nagoya gedacht und sollte den Leuten vom Rettungsdienst die Atemwegssicherung mit verschiedenen Mitteln (incl. Intratrachealer Intubation) vermitteln. Hier konnten wir ein bisschen an den Puppen das Intubieren üben. Auch hat man (aufgrund der Einträge im Logbuch) mit uns nochmal die Reanimation wiederholt, wo wir auch an Dummies üben konnten. Direkt auf der Station haben wir in den vier Wochen nur ein einziges Mal tatsächlich mit Patienten gearbeitet, als wir bei der Reinigung und Versorgung der Wunden eines schwer verbrannten Patienten geholfen haben.
Auf der Gynäkologie war plötzlich alles anders. Anfangs durfte ich zwar auch recht wenig machen, konnte mich aber zum Beispiel in den OP-Plan eintragen. Bei den ersten OPs war ich dann noch als Zuseher, irgendwann fragte man mich aber, ob ich nicht assistieren möchte. Ab diesem Zeitpunkt habe ich dann wirklich sehr viel bei allen möglichen Operationen assistieren dürfen, sowohl auf der Geburtshilfe als auch auf der onkologischen Gynäkologie. Auf den Ambulanzen durfte ich je nach anwesendem Arzt und je nach Zeitdruck auch des Öfteren selber Ultraschalluntersuchungen machen und die Biometrie der Feten bestimmen.
Auf der Pädiatrie beschränkten sich die „Tätigkeiten“ leider fast komplett auf die Teilnahme an allen Besprechungen (von welchen es viele gab), bei denen nur selten übersetzt wurde. Auf der neonatologischen Intensivstation durften wir nach aktiver Nachfrage unsererseits Ultraschalluntersuchungen (Herz, Gehirn) vornehmen, allerdings auch nur bei einem Arzt mit Begeisterung, bei anderen eher widerwillig bzw. überhaupt nicht.

Welche organisatorischen Hürden musstest du überwinden? War es einfach/gab es Probleme bei der Wohnungsfindung? Wie war deine Wohnsituation und Miete (WG, Wohnheim etc.)?

Das Studentenvisum für Japan bekommt ihr recht unkompliziert und kostenlos bei der Botschaft, welche sich direkt beim Schottentor befindet. Hierfür braucht ihr jedoch die Einladung von der University of Nagoya, welche ihr per Post bekommt, sobald alle Anmeldeformalitäten erledigt sind. Außerdem notwendig ist noch ein aktuelles Passfoto. An Impfungen verlangt die Uni soweit ich mich erinnern kann Hepatitis B und C. Außerdem habe ich mich im eigenen Interesse noch gegen Japanische Enzephalitis impfen lassen. Außerdem verlangt die Uni in Japan einen Tuberkulose-Test. Hierfür habe ich am AKH einen Quantiferon-Test machen lassen, mit welchem die Uni zufrieden war.
Die größte Hürde ist vermutlich der TOEFL, welchen man absolvieren muss. Man muss zwar keine besonders hohe Punktezahl erreichen, aber da es nur eine begrenzte Anzahl an Terminen jeden Monat gibt und auch die Plätze limitiert sind, empfiehlt es sich, hiermit nicht allzu lange zu warten (es reicht aber auf jeden Fall nach der Zusage für Nagoya von der MUW).

Die Betreuung von Seiten aller Büros der Uni war stets äußerst freundlich und bemüht, auch bei privaten Anliegen. Kleine Anekdote hierzu: Als ich leicht erkrankte und im internationalen Büro der medizinischen Fakultät fragte wo ich mich am besten behandeln lassen könnte fuhr der Zuständige mit dem Taxi mit mir in ein Ambulatorium und retour, wobei er zum einen das Taxi aus eigener Tasche bezahlt hat und zum anderen die ganze Zeit über anwesend war, damit ich ja nicht allein gelassen würde.
Es gab zudem mehrere Gruppierungen japanischer Studenten, welche es sich zum Ziel gesetzt haben, den Austauschstudenten ein buntes Programm zu bieten, sowohl bei der Uni als auch unter den Medizinstudenten. Diese haben Parties organisiert und standen auch immer mit Rat und Tat zur Seite.
Zudem bekommt jeder Student auf Wunsch einen Tutor zugewiesen. Das würde ich unbedingt machen, denn zum einen lernt man so auf jeden Fall gleich jemanden kennen und zum anderen kann bei manchen organisatorischen Dingen ein Native Speaker wirklich hilfreich sein.
Erwähnt sei an dieser Stelle auch noch Kikuko. Kikukos Rolle hat keiner der Austauschstudenten so richtig verstanden. Sie ist eine Dame, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat den Internationals das Leben leichter zu machen und Freizeitprogramm anzubieten, die aber weder mit der Uni noch mit dem Krankenhaus irgendetwas zu tun hat. Sie betreibt zum einen eine Internetseite mit allen (!) wichtigen Infos zur Stadt und zum anderen organisiert sie lohnende Ausflüge (unbedingt nach Seki mit fahren!).

Die Wohnungsfindung war kein Problem, da ein Zimmer im Studentenwohnheim sowieso von der Uni Nagoya gestellt wird. Die Miete ist absolut okay und es ist alles vorhanden, was man braucht. Hier gibt es allerdings große Unterschiede zwischen den beiden Wohnheimen, in welche NUPACE Studenten einquartiert werden. In der International Residence Higashiyama, wo ich einquartiert war, bezieht man Einzelzimmer mit einer Gaskochplatte, Spülbecken, eigener Nasszelle mit Klo und Dusche und vor allem mit Internetanschluss (!). Im Ohmeikan bezieht man Einzelzimmer mit eigener Nassezelle, allerdings mit Gemeinschaftsküche und ohne Internetanschluss (um diesen muss man sich hier selber kümmern und einen Vertrag bei einem Provider abschließen).

Gab es sozio-kulturelle Besonderheiten (Essensgewohnheiten, Offenheit, Bürokratie, Arbeitsmoral, etc), gab es sprachliche Barrieren? Wurden vor Ort Sprachkurse angeboten?

Japan ist wie man ja weiß ein äußerst höfliches Land, auch wenn man auf ein Fettnäpfchen natürlich nie hingewiesen werden würde. 😉 Hände schütteln tut man in Japan nicht, sondern man verneigt sich voreinander. So mancher Japaner schüttelt einem aber die Hand, um höflich zu sein, weil man in Japan natürlich weiß, dass man sich in Europa die Hand gibt. Auch putzt man sich in Japan nicht öffentlich die Nase, sondern zieht das ganze lieber hoch, auch wenn das wiederum bei uns eher auf Verwunderung stoßen würde.
In Japan ist eine Art „umgekehrter Generationenvertrag“ nicht unüblich. Was ich damit sagen will: Es ist durchaus üblich, dass die älteren, erfahrenen Leute, die auch schon Geld verdienen, alle Rechnungen übernehmen wollen und es auch tun. Sich zu wehren ist zwecklos und angeblich auch eher unhöflich. Manche Ärzte haben mich wirklich ständig zum Essen eingeladen, da nimmt man es dann einfach hin, bedanken tut man sich aber natürlich trotzdem.

Die Sprachlichen Barrieren sind in Japan wirklich nicht klein. Auch im Krankenhaus und unter den Ärzten spricht die große Mehrheit kein gutes Englisch. Insgesamt gesehen kann man sich mit Englisch zwar über Wasser halten, es schadet aber sicher nicht zumindest ein wenig Japanisch zu lernen, gerade auch für den Alltag. Ich bin nach den Tertialen noch in Japan gereist und war wirklich sehr froh, dass ich bis dahin zumindest gelernt hatte einfache Dinge auszudrücken, zum Beispiel wie ich eine Reservierung vornehmen kann oder wie ich fragen kann von welchem Bahnsteig der Zug nach xy fährt. Es empfiehlt sich auf jeden Fall ein Pocket Dictionary sowie eine Übersetzer-App (Google Translate kann auch Kanji erkennen und übersetzen, was nicht ganz unerheblich sein kann). Sprachkurse gab es von Seiten von NUPACE recht gute, diese kann man aufgrund der Entfernung zum Hauptcampus als Medizinstudent allerdings nicht belegen. Es gibt am Medizinercampus einen Japanischkurs, welcher aber wirklich die absoluten Basics abdeckt, welche ich bei meinem Anfängerkurs in Wien schon längst gelernt hatte. Dieser ist allerdings kostenlos, also wenn man gar kein Japanisch kann unbedingt hin gehen. 😉

Japan ist deutlich teurer als Österreich. Lebensmittel im Supermarkt sind auch nicht wirklich viel günstiger als fertiges Essen in der Mensa oder bei einem Imbiss. Recht gut fährt man mit dem Essen in der Uni-Mensa, welches auch recht gut ist und Bento-Boxen von den diversen Convenience Stores. Der Supermarkt AEON, welcher sich direkt beim Klinikum befindet, hat eine große Auswahl und ist mit eine der günstigsten Möglichkeiten einkaufen zu gehen.
Öffentlicher Verkehr ist vor allem insofern teuer als dass es keine wirklich günstigen Zeitkarten gibt. Die günstigste Möglichkeit sich in Nagoya zu bewegen ist ein Commuter Pass für den Bus, welcher dann tatsächlich auch auf allen Buslinien gilt (es fährt auch ein direkter Bus vom Hauptcampus, wo das Wohnheim ist, zum Klinikum). Der U-Bahn Commuter Pass ist nämlich auf eine bestimmte Strecke begrenzt und somit in der Freizeit auch wieder recht nutzlos. Das ist übrigens ein guter Punkt für den Tutor, Commuter Pass kaufen ist nämlich gar nicht so trivial.
Regionalzugverbindungen sind relativ gesehen günstig, wenn auch trotzdem teuer, aber der Shinkansen ist tatsächlich sehr teuer! Japan Rail Pass ist dafür echt genial, aber mit Einschränkung, siehe unten bei Tipps.

Welche Tipps/Überlebenstricks würdest du anderen Studierenden unbedingt mit auf den Weg geben? Was hat dir besonders gut/nicht so gut gefallen. Nutze diese Gelegenheit um besondere Dinge hervorzuheben!

Wenn ihr in Japan reisen wollt, tut das nach den Tertialen mit einem Japan Rail Pass. Diesen könnt ihr allerdings nur mit Touristenvisum nutzen und nur im Ausland kaufen. Das heißt nach Abschluss eurer Tertiale müsst ihr euer Visum ändern lassen, was mit einigem bürokratischen Aufwand und für ca. 40€ Bearbeitungsgebühr aber keine allzu große Zauberei ist. Auch die diversen Büros der Uni haben mir sehr dabei geholfen. Es gibt Firmen in Europa, die den Pass auch eingeschrieben nach Japan verschicken (nachdem man ihn in Japan ja nicht kaufen kann) oder ihr lasst euch so wie ich von jemandem besuchen, der für euch den Pass mitbringt. 😛
Bezüglich Handy: Bic SIM bei BicCamera am Hauptbahnhof kaufen, damit gibt’s recht viel Datenvolumen für recht wenig Geld. Nur das Aktivieren ist etwas mühsam, da nur auf Japanisch online, aber irgendjemand kann einem dabei immer weiter helfen. 😉