
10. Semester in (02/2016 - 06/2016)
- Betreuung
- Lehrveranstaltungen
- Besuchte Stationen
- Lebenshaltungskosten
- 3
Ich empfehle ....
- ... diese Region
- Ja
- ... Auslandsaufenthalt
- Ja
Weiteres zum Aufenthalt
- Tertiale
- HNO/Auge, Psychiatrie, Notfall, und Neurologie
Wie würdest du die Gastuniversität beurteilen? Wie war die Betreuung vor Ort?
Ich war mit der Organisation voll und ganz zufrieden. Es gab eine Infoveranstaltung mit Welcome Day, meine Tertiale waren so organisiert wie geplant und es gab keine Probleme. Als ich ankam, wurde mir gleich die Liste mit meinen organisierten Tertialen gezeigt und die Abläufe erklärt. Allerdings wusste man nicht in welcher genauen Abfolge die Tertiale stattfinden würden. Es gab ein „Bureau de la Vie Etudiante“, an das man sich mit allen Problemen wenden konnte und das auch verschiedene Veranstaltungen organisierte. Ich hatte das Gefühl, dass die meisten sehr bemüht waren, uns ErasmusstudentInnen zu helfen und zu integrieren. Einzig auf das Transcript of Records musste ich dann noch ca. 2 Wochen warten, weil die Vorstände der Abteilungen für jedes Tertial eine Beurteilung abgeben müssen, und sich manche damit Zeit lassen. Ich hab es dann per Mail bekommen, was kein Problem war. In Bordeaux gibt es generell viele StudentInnen und ist auch bei ErasmusstudentInnen beliebt. Somit habe ich dort vor allem MedizinstudentInnen aus anderen Ländern kennen gelernt. An der Uni selbst gab es auch verschiedene Angebote, wie z.B. Sportkurse.
Es gab einige Events von ESN, von „karavan bordelaise“ und auch von der Uni selbst. Z.B. gab es eine Rätselrally in der Stadt, einen französischen Kochkurs, den ich leider verpasst habe, Ausflüge nach St. Emilion, International Dinner, ein Room Escape Spiel… Ansonsten habe ich mit meinen ErasmusfreundInnen auch auf eigene Faust einiges unternommen.
Wie würdest du das/die Gastkrankenhäuser und deine Tertiale beurteilen? Was waren deine Tätigkeitsbereiche?
Ich war 3 von 4 Tertialen im Hôpital Pellegrin, dem größten Krankenhaus in Bordeaux. Es gibt ein großes Hauptgebäude, das „Tripode“, welches recht modern und schön ist. Dort absolvierte ich mein Neurologie-Tertial. Das Notfall- und Intensivmedizin-Tertial verbrachte ich in der allgemeinen Notaufnahme, welche auch modern war, aber kaum Fenster hatte und relativ dunkel war. Das Augenheilkunde-Tertial fand in einem anderen Gebäude am anderen Ende des Areals statt. Der Campus der medizinischen Universität befindet sich neben dem Spital. Ich fand den Campus und auch das Areal des Krankenhauses nicht besonders schön und auch nicht übersichtlich; gerade am Anfang ging ich oft weite Umwege, weil ich keine direkten Wege fand. Drinnen war es aber meist in Ordnung. Mein Psychiatrie-Tertial habe ich im Psychiatrischen Spital Perrens verbracht, welches neben Pellegrin und dem Uni-Campus ist. Es bestand aus mehreren kleinen Gebäuden und ich fand das Areal ganz schön. Leider erfährt man immer erst ca. 2 Wochen vorm Tertial, wo genau man eingeteilt ist, bzw. welches Fach man überhaupt als nächstes hat. Ich hatte Glück, weil ich in der Nähe von Pellegrin gewohnt habe, und immer dort war. Andere mussten auch in kleinere Häuser, die teilweise weiter weg waren. Ich hatte nur Praktika, keine Seminare etc. Die Arbeitszeiten waren unterschiedlich, am Nachmittag hatte ich aber immer frei. Es gab auf der Neurologie und Augenheilkunde wöchentlich 1-2x Fortbildungen, auf der Notfall hatte ich einmal Nähkurs. Auf der Neurologie z.B. musste ich von 9- 13h bleiben, im Notfall-Tertial ging ich auch meist gegen 12:30, es gab aber auch die Möglichkeit länger zu bleiben oder nur am Nachmittag zu kommen. Bei Augenheilkunde war die Anwesenheit mehr oder weniger freiwillig, da hatte ich viel Freizeit. Im Großen und Ganzen hat es mir in den Krankenhäusern gut gefallen, und ich habe vor allem mein Französisch verbessern können.
Mein erstes Praktikum war in der Notaufnahme. Leider war ich da noch etwas zurückhaltend und traute mir sprachlich noch nicht so viel zu. Daher ging ich vor allem mit den französischen StudentInnen mit und half ihnen bei Anamnese und Status. Es waren immer die StudentInnen, die die PatientInnen als erster sahen und untersuchten. Daraufhin dokumentierten sie Anamnese und Status, machten sie sich Gedanken über die weitere Diagnostik und sprachen dann mit einem der ÄrztInnen darüber. Ich war die einzige Erasmus-Studentin und konnte mich eigentlich frei bewegen. Ich konnte selbst alleine Patienten untersuchen oder auch gar nichts machen, es war eigentlich mir überlassen. Leider verbrachte ich im Endeffekt recht wenig Zeit dort, da ich krank war und auch der Francais médical- Kurs zu der Zeit war. Es war aber auch sehr lehrreich, zu sehen, wie strukturiert und professionell die französischen StudentInnen vorgingen. Im Psychiatrie-Tertial war ich in einer Abteilung für PatientInnenen mit affektiven Erkrankungen, Zwangs- und Angststörungen eingeteilt. Die PatientInnen kamen dabei ambulant zur Kontrolle und die ÄrztInnen sprachen etwa 30 Minuten mit ihnen. Ich saß daneben und hörte zu. Ich fand es ganz gemütlich und interessant, auch sprachlich denke ich konnte ich etwas mitnehmen. Im Augen-Tertial saß ich daneben und hörte zu, auch in den OP konnte ich zusehen gehen. Da nicht viel erklärt wurde und teilweise nicht so viel los war, war ich nicht so oft dort. Neurologie war mein letztes Praktikum und ich war in der Abteilung für inflammatorische und demyelinisierende Erkrankungen eingeteilt. Ich wurde wie die französischen StudentInnen behandelt und bekam 4 PatientInnen zugeteilt, für die ich „zuständig“ war. Wir machten diverse kleine Tests, wir überprüften und maßen z.B. die Gehstrecke oder die Kraft, schrieben EKGs und werteten sie aus, und sollten auch diverse organisatorischen Dinge übernehmen, z.B. Termine ausmachen oder Befunde anfordern. Bei letzterem halfen mir meine KollegInnen oft. Bei der Visite stellten wir manchmal die PatientInnen vor. Es wurde erwartet, dass wir über „unsere“ PatientInnen Bescheid wissen und sie auch immer wieder untersuchen. Bei mir waren sie da etwas weniger streng. Es war auch ein tolles Gefühl, mal (fast) wie die französischen StudentInnen zu arbeiten und z.B. auch Dinge im PC zu dokumentieren. Generell sind die französischen MedizinstudentInnen schon ab dem 4. Jahr täglich im Krankenhaus, und sind dadurch sehr selbstständig und in den klinischen Alltag integriert. Auch hatte ich den Eindruck, dass die Hierarchien flacher waren und die Lehre im Krankenhaus ernster genommen wurde als in Österreich. Dafür ist das Studium in Frankreich offenbar sehr stressig, nicht zuletzt, da es den „concours“ nach dem letzten Studienjahr gibt, eine Prüfung, die darüber entscheidet, welches Fach man machen und in welcher Stadt man arbeiten darf.
Welche organisatorischen Hürden musstest du überwinden? War es einfach/gab es Probleme bei der Wohnungsfindung? Wie war deine Wohnsituation und Miete (WG, Wohnheim etc.)?
Ich bekam von der Uni ein Mail mit erforderlichen Dokumenten, z.B. Nachweis einer Haftpflichtversicherung (kann man von der ÖH bestätigen lassen), Krankenversicherung, etc. Die Uni verlangte auch den Nachweis einiger Impfungen, und ich musste auch ein Lungenröntgen und Tuberkulin-Test machen. Ich hatte aber das Gefühl, dass das in Bordeaux aber keiner wirklich beachtet hat. Zudem gab es einen „Contrat pédagogique“ von der Uni zusätzlich zum Erasmus Learning agreement, für den ich noch eine Unterschrift von Dr. Salemi holen musste.
Die Uni bietet Zimmer in verschiedenen Studentenwohnheimen an und diese sind, zumindest wie ich bei ein paar KollegInnen gesehen habe, sehr in Ordnung. Es haben eigentlich alle, die dort ein Zimmer wollten, auch eines bekommen. Trotzdem denke ich, ist es gut, sich so früh wie möglich darum zu bewerben! Mme Mousset vom International Office in Bordeaux ist sehr engagiert und bemüht, für jeden was zu finden. Auch als ein Kollege von mir Probleme mit seiner WG hatte, hat sie ihm schnell geholfen und ein Zimmer für ihn gefunden. Es gibt auch auf Nachfrage von der Uni eine Liste mit Unterkünften, z.B. Gastfamilien, bzw. einzelne Leute, die Zimmer frei haben. Ich wollte unbedingt in einer WG wohnen, um Kontakte zu knüpfen und französisch zu üben. Es war ziemlich schwierig, von Wien aus eine WG zu finden, da die meisten eher erst kurzfristig gesucht haben. Ich hatte „Glück“ und fand über eine Bekannte von einer Studienkollegin für ein Monat ein Zimmer in einer WG, die mir leider überhaupt nicht gefallen hat, und habe dann vor Ort noch weiter gesucht. Grundsätzlich fand ich es echt nicht leicht, etwas zu finden! Glücklicherweise habe ich dann eine sympathische WG mit 2 französischen Medizinstudenten gefunden und bin schon früher ausgezogen. Ich habe im Internet gesucht, am nützlichsten fand ich www.lacartedescolocs.fr. Auch auf anderen Seiten kann man suchen, z.B. auf www.appartager.fr und auch auf AirBnB kann man manchmal was finden.
Gab es sozio-kulturelle Besonderheiten (Essensgewohnheiten, Offenheit, Bürokratie, Arbeitsmoral, etc), gab es sprachliche Barrieren? Wurden vor Ort Sprachkurse angeboten?
Frankreich ist als europäisches Land mit Österreich vergleichbar. Ich fand es gewöhnungsbedürftig, dass AutofahrerInnen nicht automatisch vor einem Zebrastreifen stehen bleiben, wenn jemand drüber gehen möchte. Man wartet, bis jemand netterweise stehen bleibt und bedankt sich dann. Ich wurde nicht nur einmal angehupt weil ich einfach drüber ging (auch einmal als es eine Ampel gab und diese für die FußgängerInnen grün war). Was ich sehr nett fand, ist dass man sich oft einen schönen Tag wünscht, wenn man z.B. irgendwo einkauft. Ich verstand außerdem erst nach einiger Zeit, dass man fast immer „Ca va?“ fragt, wenn man sich begrüßt und die Leute nicht zwingend eine lange Antwort über meinen aktuellen Gemütszustand wollen, sondern dass die Floskel „Ca va, et toi?“ eher angebracht ist.
Es gab von der Uni aus gratis Französischkurse, z.B. einen B1- und einen B2-Kurs, Grammatikkurs, Französische Musik, Facetten der Sprache, etc. Es gab jeden Nachmittag einen anderen Kurs und man konnte frei wählen, wohin man geht. Die Kurse gab es von Februar bis etwa Mitte April. Ich fand dieses Angebot wirklich toll! Und das Beste war meiner Meinung nach, dass es einen einwöchigen „Französisch für MedizinerInnen“-Intensivkurs extra für uns MedizinstudentInnen gab. Dieser war auch echt hilfreich und man war für die Woche vom Praktikum freigestellt. Bezüglich Sprachbarrieren: natürlich ist es gut, die Sprache ganz gut zu können, da es den Alltag vereinfacht und es im Krankenhaus viel interessanter ist. Ich finde auch, dass die medizinische Fachsprache auf Französisch gar nicht so ein Hindernis war wie gedacht. Im Spital wurde nur französisch gesprochen.
Welche Tipps/Überlebenstricks würdest du anderen Studierenden unbedingt mit auf den Weg geben? Was hat dir besonders gut/nicht so gut gefallen. Nutze diese Gelegenheit um besondere Dinge hervorzuheben!
Ich würde euch raten, euch einfach zu trauen, Fehler zu machen und die Zeit im Spital als Übung zu sehen. Springt über euren Schatten und versucht, so viel wie möglich selbst zu machen, wenn es euch interessiert. Ich hatte das Gefühl, dass z.B. auf der Neurologie bei mir dann sprachlich nochmal viel weiter ging. Ansonsten kann ich nur empfehlen, sich einen Tandempartner oder eine Tandempartnerin zu suchen, da man dadurch nette Leute kennen lernt und auch im Alltag französisch spricht. Bevor ich Leute kennen lernte, fühlte ich mich recht einsam, ich war krank und es regnete die ganze Zeit – ich kann euch nur raten, nicht zu verzagen, denn es wurde bzw. wird im Endeffekt eine tolle Erfahrung!
Bordeaux ist eine sehr schöne Stadt mit einem wundervollen Zentrum und hat eine angenehme Größe. Ich fuhr fast immer mit dem Fahrrad. Außerdem ist die Umgebung reizvoll, z.B. das Städtchen St-Emilion, die Weinregion Médoc, die Atlantikstrände (z.B. am Cap Ferret oder in Lacanau), die Dune du Pilat… Auch Spanien ist nicht weit und eine Reise wert. Ich habe mich nach einer Zeit in Bordeaux zuhause gefühlt. Das Wetter hat mich leider etwas enttäuscht. Ich war von Februar bis Mai dort und erhoffte mir ein milderes Klima als in Wien. Die Winter sind zwar milder, aber das Klima ist sehr feucht. Im Februar regnete es sehr oft und auch im Frühling war es nicht wärmer als in Wien. Erst im April und Mai wurde es etwas trockener, trotzdem war das Wetter oft unbeständig und es gab oft sonnige Tage mit einigen kurzen Schauern. Deshalb hatte ich fast immer einen Schirm dabei. Außerdem finde ich, dass es zu wenige Parks und Grünflächen gibt. Dafür ist die Promenade an der Garonne sehr schön, und ich ging dort z.B. oft laufen.