Eine österliche Weltreise

von Annika Sima

Schöne Osterferien allerseits! Um ein wenig von dem ganzen Nase-in-Bücher-Stecken abzulenken, habe ich eine wunderbare virtuelle Weltreise vorbereitet. Besuchen wir doch diesmal Länder rund um den Globus und schnuppern wir in deren Oster-Traditionen!

Was ist Ostern überhaupt?

Ostern gilt seit über 1700 Jahren als das wichtigste christliche Fest, in welcher die Kreuzigung und folglich wundersame Auferstehung Jesu, als Zeichen der Hoffnung und Zuversicht, gefeiert wird. Den biblischen Überlieferungen zufolge fielen dessen Leid, Tod und Auferstehung in die jüdische Pessach-Woche, wovon sich einerseits der lateinische Begriff für Ostern, „Pascha“, ableitet und andererseits dadurch der Termin der westlichen Kirche, analog zur Pessach-Woche, jährlich nach dem ersten Frühlingsvollmond angesetzt wird – genauer auf den 1. Sonntag nach dem 1. Vollmond nach dem errechneten Frühlingsbeginn. Anders ist die Termin-Errechnung in orthodoxen Kirchen, denn sie halten am julianischen Kalender und der damaligen Osterrechnung fest, wodurch das orthodoxe Osterfest bis zu 5 Wochen später stattfinden kann. Entgegen der christlichen Traumvorstellungen stammt das Wort „Ostern“ selbst jedoch wahrscheinlich von der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin Eostrae ab, zu deren Ehren vor der Überhandnahme des Christentums jährlich ein Frühlingsfest gefeiert wurde.

Als unzertrennliche Symbole von Ostern gelten Hasen und Eier – Relikte aus der germanischen Vorgeschichte unserer Breiten. Denn sowohl Hasen als auch Eier symbolisieren (frühlingshafte) Fruchtbarkeit: Eier, da daraus Leben schlüpft, und Hasen wohl wegen … ihrer hohen Reproduktionsrate. Außerdem war der Hase vermutlich das heilige Tier von Eostrae. Zudem existierte im Mittelalter ein jährlicher Schulden-Zahltag kurz vor Ostern, an welchem bestehende Schulden als Ultima Ratio mittels erlegter Hasen oder Eiern getilgt wurden. Was es dann plötzlich mit dem eierbringenden Osterhasen auf sich hat, ist bislang unklar. Es wirkt ein bisschen so, als habe man die beiden Ideen miteinander gemixt und dann eine bunte Neuschöpfung präsentiert – jedenfalls wurde diese Figur 1678 das erste Mal schriftlich erwähnt. (Ich möchte nicht wissen, was für Aufsehen das in der Bevölkerung erregt haben muss!)

Wie auch immer – klar ist, dass ein derartig gefeiertes Fest eine Vielzahl an Traditionen mit sich bringt. Schließlich war in diesen 1700 Jahren ausreichend Zeit und durch die geographische Verbreitung auch genug räumliche Distanz, um inzwischen ein gewaltiges Repertoire an diversen Bräuchen und Traditionen darbieten zu können. Begeben wir uns auf eine österliche virtuelle Zeit- und Weltreise!

Traditionelles Ostern in Österreich und Deutschland

Palmkätzchen

Den Beginn der Osterwoche macht der Palmsonntag mit seinem „Einzug Christi nach Jerusalem“. Da hier Mangel an Palmen herrscht, begnügte sich die Bevölkerung mit Palmkätzchen, die zu dieser Jahreszeit an den Ästen der Salweide prangten, um Eseln beim symbolischen Einzug in die Kirchen zuzuwinken. (Ein richtiger Allrounder, diese Salweide: Flechtmaterial für Körbe, Acetylsalicylsäure in der Rinde, Palmkatzerln …)

Grün, grün, grün und Super-Eier

Der nächste erwähnenswerte Tag ist der Gründonnerstag, auch Antlass-Tag genannt. Oft werden traditionell grüne Speisen, wie Spinat, Brokkoli oder Kräutersuppen, verzehrt. Auch hier zeigt sich die Sprach-Adaptation von ihrer besten Seite: Ursprünglich hieß dieser Tag eigentlich Grein-Donnerstag und schliff sich mit der Zeit zu Grün ab. „Greinen“ macht nämlich deutlich mehr Sinn, denn es ist der althochdeutsche Ausdruck für „weinen“. Und hier wurde geweint wegen der traurigen Begebenheiten der Passion Christi, die mit dem letzten Abendmahl am Gründonnerstag beginnen.

Der etwas weniger geläufige Begriff (auf den ich erst durch meine Recherchen stieß) „Antlass-Tag“ bezieht sich auf die traditionelle Entlassung von offiziellen Büßern aus der Kirchenbuße am Gründonnerstag. Hm. Jedenfalls gibt es noch einen eher rural verbreiteten Brauch dazu: Die „Antlass-Eier“, also Eier, die am Gründonnerstag von Hühnern gelegt wurden, seien unverderblich, besäßen Wunderkräfte und sollen sogar im Dachstuhl verborgen vor Blitzschlag und Unheil schützen.

Ausgeläutet

Am nächsten Tag, dem Karfreitag, findet der traurigster (Feier-)Tag des Christentums statt: Im Gedenken an die Kreuzigung wird der traditionell strengste Fasttag im Kirchenjahr gehalten, am Speiseplan finden sich heute maximal Wasser, Brot und Fisch (das urtümlichste Symbol des Christentums).

Überlieferungen zufolge trat der Tod Jesu um 15 Uhr ein – der Moment, in welchem die Glocken „nach Rom fliegen“, also verstummen (und die Erklärung, dass sonst unter dem Jahr um 15 Uhr freitags die Kirchenglocken läuten). Alternativ kommen/kamen hier seit der Ära von Karl d. Großen, 747-814 n. Chr., Ratschen und Klappern zum Einsatz. In manchen Ländern ist der Karfreitag auch der einzige Tag, an dem keine Zeitung erscheint.

Die Elemente als Orakel, Heilquellen und Hoffnungsboten

Weit verbreitet werden in der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag (gesegnete) Osterfeuer entzündet. Dieser Brauch ist über 500 Jahre alt und soll Böses abwehren. Ursprünglich wurde es gegen Hexen und Unheil entfacht. Von der Kirche wurde es adaptiert als Zeichen der Hoffnung und Auferstehung. Mit diesem Feuer wird auch die neue Osterkerze entzündet, die das gesamte nächste Kirchenjahr brennen soll.

Was weniger verbreitet ist, aber deutlich mehr Action bringt, sind die bis zu 300kg schweren Osterräder. In wenigen ländlichen Regionen werden Räder aus Holz, Reisig und Stroh nachts entzündet und vom Berg ins Tal gerollt. Einerseits, um Licht in die Dunkelheit zu bringen, andererseits, um den diesjährigen Ernteertrag hervorzusagen. Besonders der Ort Lügde ist für seine Osterräder bekannt.

Auch ein inzwischen in Vergessenheit geratener Brauch ist der Osterwasser. Dem (heidnischen) Volksglauben zufolge wird in der Nacht auf Ostersonntag in einem fließenden Bach gebadet, um Schönheit, Gesundheit und Fruchtbarkeit zu erlangen, aber auch Unglück abzuwehren. Früher wurde dafür ebenfalls das Vieh in solche Bäche getrieben. Bezüglich der Fruchtbarkeit schöpften junge Mädchen schweigend Wasser gegen den Strom und trugen das Wasser ohne Vergießen nachhause, um dessen Zauberkraft zu behalten. Mit der Zeit wurde das Schöpfen aus den Brunnen ebenfalls ermöglicht, weshalb in manchen ländlichen Gegenden noch Dorfbrunnen geschmückt werden.

Es ist angerichtet

So karg der Speiseplan in der Fastenzeit vor Ostern ist, so üppig ist er mit den Feiertagen. Traditionell von Eiern in jeder Farbe, Form und Art über Osterschinken, Hendlhaxn, Oster(-kuchen-)lämmer und (falschem) Hasenbraten (ein Brauchtum, in welchem der Veganismus noch dringenden Einzugsbedarf hat). Dazu gehört in vielen Regionen der Welt Eierpecken/-ditschen – ein Kräftemessen hartgekochter (bunter) Eier. Ebenfalls weit verbreitet ist das Suchen von Eiern und österlichen Süßigkeiten für Kinder und Junggebliebene.

Auf geht’s, ab geht’s!

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Verträumt-spielerisches Ostern/Pâques/Pasqua/Pasca in der Schweiz

So vielfältig die Bevölkerung der Schweiz ist, so groß ist auch die Vielfalt an ihren Ostertraditionen: Während in Genf die Brunnen festlich mit Zweigen, Bändern und Eiern geschmückt werden (wohl in der Anlehnung auf das Osterwasser), spielt in Wallis ebenfalls das Wasser eine wichtige Rolle: Es werden am Ostermontag die Strahlen der aufgehenden Sonne in einem Wasserbecken aufgefangen.

Auch kommt die spielerische Seite des Landes zum Vorschein: Erwachsene werfen in Zürich eine Münze auf ein Osterei, das von Kindern gehalten wird, sodass die Münze im Ei steckenbleibt. Prallt sie ab, gehören sowohl Ei als auch Münze dem Kind. Hingegen wird in Rumendingen „geknüttelt“, also ein Wurfspiel mit Stöckern gespielt, und in Bern misst man sich öffentlich im Eierpecken, dem „Eiertütscha“, wobei das stabilste Ei gewinnt.

Eierschlacht zu Великден in Bulgarien

Eierpecken mit gefärbten Eiern ist aber nicht nur in Österreich, Deutschland und der Schweiz verbreitet, sondern auch in Bulgarien ganz hoch angesagt. Jedoch sind hier die Traditionen ein bisschen anders: Am Gründonnerstag werden die Eier bunt gefärbt, wobei das erste Ei rot gefärbt wird (und am besten von einer schwarzen Henne gelegt wurde). Mit diesem roten Ei streicht dann die älteste Frau im Haushalt den Kindern über das Gesicht, um ihnen Gesundheit zu bringen.

Auch läuft das Pecken nicht ganz so ab, wie wir es gewohnt sind. Am Ostersonntag werden die Eier in die Messe mitgenommen – und danach bricht das Chaos aus: Kirchenwände und Familienmitglieder werden mit den Eiern beworfen! Bleibt das eigene Ei dabei unbeschädigt, ist diese Person für das aktuelle Kirchenjahr das erfolgreichste Familienmitglied.

Nicht nur Alles, was Flügel hat, fliegt – Pâques in Frankreich

Ähnlich dazu lautet „alles fliegt“ das Motto in Frankreich. Hier fliegen zu Ostern nicht nur die Glocken nach Rom und zurück, sondern ebenfalls die Osternaschereien! Den Kindern wird erzählt, dass die Glocken dann auf ihrer Rückreise die (teils sehr kunstvoll gestalteten) Süßigkeiten ausstreuen; den Osterhasen gibt es hier nicht, dafür finden sich in den Zuckerbäckereien geflügelte Schokolade-Glocken.

Außerdem fliegt noch was durch die Luft: Die Ostereier werden hoch in die Luft geworfen – das erste Ei, das wieder auf den Boden schlägt, verliert das Spiel.

Hasenalternative zu Eastern in Australien

Frankreich ist nicht das einzige Land, das auf den Osterhasen pfeift – auch in Australien bringt kein Osterhase die Ostereier, sondern ein Oster-Bilby! Der Hintergrund dazu ist nicht, dass es hier keine Hasen gäbe, sondern im Gegenteil – es gibt hier zu viele Hasen, dass die Einwohner sie schon gar nicht mehr sehen können.

Denn diese „zuag‘rasten“ Tiere wurden vor ca. 150 Jahren ausgesetzt und vermehrten sich dank fehlender Fressfeinde so enorm, dass ihre Zahl inzwischen auf über 300 Millionen angestiegen ist – worüber sich zwar Eostrae freuen müsste, aber worunter die australische Landwirtschaft und einheimische Tierwelt extrem leiden. Aber eine ausgefuchste Lösung präsentiert sich: So werden Schoko-Bilbys produziert, und ein großer Teil der Einnahmen wird in Naturschutzprojekte, besonders den einheimischen Tierartenschutz, investiert.

I’d prefer a rather British Eastern

Kümmert sich Australien um ihre Tierwelt, so stehen in England die Pensionierten mit wenig finanziellen Mitteln im Vordergrund. Seit 1670 verteilt die Queen am Gründonnerstag, dem „Maundy Thursday“, Gaben an dem-Alter-der-Queen-entsprechend-viele (dieses Jahr 94) arme Pensionär_innen. Jede_r Teilnehmer_in erhält damit eine kleine rote Tasche mit Geld für Essen und Kleidung und eine weiße mit dem-Alter-der-Queen-entsprechend-vielen, eigens geprägten silbernen Maundy-Münzen, also dieses Jahr 94 Pence. Die Bevölkerung selbst spendet an diesem Tag Geschenke, Kleidungen und Geld.

Jedoch wird am Maundy Thursday nicht nur reumütig an die Fußwaschung Jesu gedacht: Im verschlafenen Örtchen Olney/Buckinghamshire findet jedes Jahr ein traditionelles Pfannkuchen-Rennen statt.

Der Überlieferung zufolge übersah im Jahr 1445 eine (anonym gebliebene) Hausfrau beim Pfannkuchen-Backen die Zeit und schreckte sich vom plötzlichen Läuten der Kirchenglocken so sehr, dass sie sofort zur Kirche loslief, um rechtzeitig in die Messe zu kommen – mitsamt ihrer Küchenschürze, Küchenhaube und der Pfanne mit Pfannkuchen in der Hand!

Seither finden jährlich Pfannkuchen-Rennen statt. Die Teilnehmenden laufen dabei 380m weit mit Schürze, Kopfhaube und einer Bratpfanne mitsamt Pfannkuchen in der Hand bis zur Kirche St. Peter und St. Paul. Gewinnen kann man einen Kuss vom Kirchdiener, wie anno 1445 auch.

Dieses Rennen macht den Anfang der skurrilen Bräuche in Großbritannien. Gehen am Ostersonntag die frommen Gläubigen schon vor Sonnenaufgang in die Kirche um sie zu schmücken, so besteigt man in Wales lieber bei Sonnenaufgang einen Hügel und schlägt Purzelbäume.

Neben Menschen purzeln auch hartgekochte Eier einen Hügel hinab: Beim Easter Egg Roll am Ostermontag gewinnt das eine, welches am weitesten rollt und heil bleibt. Alternativ werden rohe Eier mit Namen beschriftet und in einem Sieb geschüttelt, bis ein heiles Ei überbleibt, und in anderen Gebieten tätschelt man einander mit Palmkätzchen. In Schottland werden keltische Osterfeuer veranstaltet und der Ostermontag ist dort kein Feiertag.

Schrill, schriller, am schrillsten – Eastern made in America

So wie sich Australien und England um ernstere Themen kümmern, so kümmern sich die USA um den Spaß zu Ostern. Jährlich werden daher im Garten des Weißen Hauses in Washington D.C. 35.000 Menschen zum traditionellen „White House Easter Egg Roll“ mit einer bunten Gartenparty, Musik und entsprechender Kulinarik erwartet. Bei diesem (britisch importierten) Easter Egg Roll gewinnt das schnellste Ei. Die Wettbewerbseier kann man danach erwerben – mit der Signatur des Präsidenten und der First Lady darauf. Zusätzlich verteilt der Präsident Holzlöffel und einige Mitarbeiter_innen des Weißen Hauses verschenken Schokolade in Hasenkostümen.

Kostüme sind hier überhaupt so eine Sache: In New York findet am Ostersonntag die wohl weltweit schrillste Osterparade in blumig-bunt-verrückten Kostümen statt. Eine Tradition, die darauf beruht, dass vor rund 150 Jahren die Elite der USA an diesem Tag in einer Parade ihre schönsten Kleider zu präsentieren begann.

Pure Lebensfreude – Paasfees in Sambia

Schrill? Muss nicht sein. Fröhlich, bunt? Sehr wohl! In Sambia, sowie vielen weiteren afrikanischen Ländern, gehört Tanzen, Gesang und bunte Kleidung unzertrennlich zu Feierlichkeiten, so auch zum Osterfest. Hier wird Ostern mit beschwingten Messen, der großen Familie, Gelächter, Musik und vielen Köstlichkeiten gefeiert.

Monty-Python-like Eastern in Ireland

Ein weiterer Umzug, bei dem das Lachen jedoch etwas versteckter gehandhabt wird, findet in Irland statt. Denn hier setzt man auf eine Parade der anderen Art, die auch an einen Monty-Python-Sketch erinnern könnte. In einer Trauerprozession werden in kleinen Gräbern Heringe begraben. Ja, richtig – Heringe. Warum? Dies symbolisiert das Ende der Fastenzeit, während der kein Fleisch, sondern nur Fisch gegessen werden durfte und so manches Heringsgericht überstrapaziert wurde. Eigentlich kaum verwunderlich, dass die feierlichen Herings-Prozessionen oft von Metzger_innen angeführt werden.

Schaurige Umzüge zu Pascua in Spanien

Heringe hin oder her, die wohl bekanntesten Trauerprozessionen finden in Spanien, besonders in Andalusien, zur Semana Santa (= „Heilige Woche“, Karwoche) statt. Hier tragen unheimlich vermummte Gestalten mit Spitz-Kapuzen bis zu 4-Tonnen-schwere Marien- und Christusstatuen in langen Prozessionen durch die Städte, manchmal mit entsprechender Musikbegleitung, manchmal büßend mit Eisenketten, manchmal schweigend bei abgedrehtem Straßenlicht.

Diese Umzüge stellen den Kreuzweg Jesu nach und ziehen sich die Woche hindurch, wobei sie ihren Höhepunkt am Karfreitag finden. (Ähnliche Prozessionen finden sich auch in zentral- und südamerikanischen Ländern, aber auch auf der Insel Hvar in Kroatien und in Tarent in Süditalien.)

In manchen Orten, wie in Verges oder Sevilla, finden zusätzlich Passionsspiele und Totentänze statt, bei denen als Skelette verkleidete Menschen im Trommel-Takt durch die dunklen Gassen ziehen, um den Zusehenden die eigene Vergänglichkeit ins Bewusstsein zu rufen. Aber es gibt auch helle Seiten: So basteln Kinder Palmwedel, die mit Süßigkeiten behängt in der Ostermesse gesegnet und anschließend vernascht werden.

Passion Christi live – Pasko ng Pagkabuhay auf den Philippinen

Wem die Semana Santa in Spanien zu soft ist, werfe einen Blick auf die Philippinen. Dort wird die Passion Christi nämlich nicht nur nachgespielt, sondern tatsächlich nachgeahmt, beginnend bei einem schmerzhaften Kreuzzug bis hin zu tatsächlichen Kreuzigungen. Tausende fanatische Sühnende ziehen barfuß über die Straßen, während sie sich mit Glasscherben-Peitschen den Rücken wund schlagen und von den Zusehenden zusätzlich beworfen, bespuckt und malträtiert werden. Am Ziel angelangt lassen sie sich mit echten Nägeln ans Kreuz nageln, um ihrem Vorbild Jesus nachzukommen. Der Vatikan spricht sich übrigens gegen diese brutal-blutige Prozedur aus.

Daneben gibt es noch andere -weniger radikale- Rituale. Damit ihre Kinder besser wachsen, heben die Eltern ihre Kinder beim Kirchenglockengeläut am Ostersonntag beim Kopf hoch. Und man vergesse nicht die fröhlichen, festlichen, blumengeschmückten Osterparaden, ebenfalls mit bunten Eiern und Hasen.

Demons and Dragons – Pak/Pâques auf Haiti

Weitere schaurige Umzüge liefert Haiti mit seinen „Oster-Raras“, welche sich vom Aschermittwoch weg durch die Fastenzeit bis zum Osterwochenende ziehen. Dabei tanzen Menschen zu rhythmischen Klängen durch die Straßen, tragen Zombie-Kisten und vollziehen Voodoo-Rituale, um sollen böse Dämonen herbeirufen, damit sie „houngan-hörig“ (Zauberer = „Houngan“) gemacht werden. Interessanterweise herrscht dort nämlich die Überzeugung, auch von christlichen Angehörigen, dass die Kreuzigung Jesu damals mit diesen Ritualen gefeiert worden war – in Haiti schließt eben das eine das andere nicht aus.

Das Ende der Fastenzeit läutet bereits der Karfreitag mit flüssigen Kakao-Schokolade-Getränken ein -der Tag, an dem die kunstvollen, funktionstüchtigen Papierdrachen in die Weiten des Himmels aufsteigen, die zuvor monatelang von Kindern in Schulen und Zuhause gebastelt wurden … so weit, bis sie nicht mehr zu sehen sind.

Das Gute siegt über die Politik – Pascua in Mexico

Auch in Mexico wird fleißig gebastelt. Krepp- und Toilettenpapier-Girlanden schmücken zwei Wochen lang die Straßen, in Festzügen tanzen indigen-geschmückte Männer, und am Karsamstag werden bunte Pappmaschee-Figuren, wie Dämonen, Teufel und Co -aber auch so manche politische Person- öffentlich verbrannt. Allerdings anders als in Haiti soll mit den Umzügen nicht das Böse angelockt, sondern der Sieg des Guten symbolisiert (und im besten Fall ein politisches Statement abgegeben) werden.

Ins-Glück-Schaukeln zu Lieldienas in Lettland

Ebenfalls Lettland setzt darauf, Unheilbringendes zu verbrennen, nämlich ihre Osterschaukeln. Jedoch wird zuerst noch fleißig darauf geschaukelt, denn die Schaukeln selbst bringen Glück, schützen vor Mücken und lassen die Landwirtschaft gedeihen. Verbrannt werden sie deshalb, damit böse Hexen nicht auch darauf schaukeln und ihr Unwesen treiben können. Glück findet man übrigens auch beim Gesicht-Waschen in den nach Osten fließenden Bächen Lettlands zu den Osterfeiertagen.

Tauschhandel mit Osterhexen zu Påsk in Schweden

Wer in Lettland vertrieben werden soll, ist in Schweden herzlich willkommen. Am Gründonnerstag ziehen nämlich kleine Kinder verkleidet als Osterhexchen, oder auch Osterweiber (Påskkärring), mit ihren leeren Kaffeekannen von dem ersten mit bunten Federn geschmücktem Haus zum nächsten und bitten um Süßes. Zur Belohnung erhalten die Gebenden einen selbstgestalteten Osterbrief. Dieser Brauch geht darauf zurück, dass der Legende nach die Osterhexe Påskkärring am Gründonnerstag auf ihren Hexenberg Blåkulla fliegt. Und: Anstatt eines Osterhasen versteckt das Osterküken die Ostereier.

Narrenpost zu Påske in Dänemark

Briefe flattern auch in Dänemark zu Ostern durch die Gegend. Bei diesem 500-Jahre-alten Brauch basteln Kinder einen hübschen Narrenbrief („Gækkebrev“) mit selbst gedichteten Versen – aber unterschreiben nur mit Punkten! Die armen Empfänger_innen müssen erraten, wer diesen Brief geschickt hat, haben aber nur 3 Versuche. Und wenn sie falsch liegen, sind sie Narren (Gæk) und müssen den sich zu Erkennung gebenden Absender_innen ein Schoko-Ei schenken.

Weniger netter Tauschhandel mit Osterhexen zu Pääsiäistä in Finnland

Ähnlich wie in Schweden machen auch hier am Ostersonntag kleine Osterhexen die Gegend unsicher, bieten jedoch keinen netten Tauschhandel mit Briefen, sondern mit Rutenhieben an, um Süßigkeiten zu erhalten. Das müssen die sich wohl von den Erwachsenen abgeschaut haben, die sich am Palmsonntag mit Birkenruten (statt Palmzweigen) leicht auf den Rücken schlagen, um sich an den Einzug Jesu nach Jerusalem zu erinnern, aber auch um sich damit Glück zu bescheren.

Was sich liebt, das schlägt sich – Velikonoce in Tschechien

Peitschenhiebe zu Ostern haben auch in Tschechien, aber auch Teilen Polens und der Slowakei, eine Tradition: Schmackostern. Ursprünglich hatte man extra dafür bereits Wochen vor Ostern abgeschnittene dünne Zweige (Wacholder oder Birke) in einer Vase im warmen Haus zum Knospen und Ergrünen gebracht, um am Ostermontag in aller Frühe mit diesen grünen Ruten von Zimmer zu Zimmer zu schleichen, den Schlafenden die Decke in die Höhe zu reißen und auf den nackten Glutmax (mittel-)leichte Rutenhiebe auszuteilen – besonders die Kinder ihren Eltern und die jungen Liebhaber ihre jungen Liebhaberinnen.

Der Gedanke dahinter: Diese Ruten sollen die Lebenskraft der Pflanzentriebe übertragen und Jugend, Kraft, Tüchtigkeit, Gesundheit und Fruchtbarkeit bei den Beklopften hervorrufen. Inzwischen werden vorwiegend Stöcke mit bunten Bändern („Pomlázka“) dafür verwendet. Überrascht ein junger Mann seine Angebetete damit, erhält er von ihr ein Osterei und ein weiteres buntes Band für die Pomlázka.

So sehr sich die Haare bei den ein- oder anderen nun aufstellen mögen, das traditionelle Ritual ist hier allgemein anerkannt – wird man nicht beklopft, so fühlt man sich sogar schnell benachteiligt. Die Tüchtigkeits-Beklopfung dürfte jedenfalls fruchten, denn die Ostereier hier werden derartig geduldig und kunstvoll verziert, dass sogar nationale Wettbewerbe veranstaltet werden, um das schönste auszuzeichnen.

Advanced Eierkunst zu Uskrs in Kroatien

Besonders kunstvolle Ostereier lassen sich auch in Kroatien finden: Mit verschiedensten Techniken wie Schnitzen, Säureätzungen, Wachsfärbungen, Wollmuster und kräftigen Naturfarben werden dort unglaubliche Kunstwerke gezaubert. Zudem steht der Neuanfang im Vordergrund: So wird zu Ostern ganz neue Kleidung getragen.

Was sich liebt, bespritzt sich – Wielkanoc in Polen

Neben den ebenfalls wunderschön gestalteten Ostereiern („Pisanka“) gibt es hier eine Tradition, die niemand nicht-kalt und kein Auge trocken lässt: Das jahrhundertealte „Śmigus-Dyngus“, der Grund, weshalb man am Ostermontag nur mit Regenschirm und Gummistiefeln außer Haus treten sollte. Heute regnet es nämlich (liebevoll) kaltes Wasser aus allen Richtungen, es ist niemand vor einer Wasserdusche sicher. Wasserkübel hier, Wasserpistolen und -bomben da.

Der Ursprung findet sich offiziell im Jahre 966, als der polnische König Mieszko I. getauft wurde (und inoffiziell als heidnisches Ritual zur symbolischen Reinigung bei Frühlingsbeginn), und wurde schnell adaptiert: Bereits im Mittelalter drangen die Männer frühmorgens in die Häuser ihrer angebeteten Frauen ein und überschütteten diese mit Wasser – immerhin ein Kompliment, dass man dem Unhold gefiel (auch wenn Schlaf im trockenen, warmen Bett in vielerlei Hinsicht angenehmer wäre).

So zeigt das Ritual, analog zu Schmackostern in Tschechien, auch einen gewissen Balzcharakter. Auch wenn immer noch Frauen die vorrangigen Zielobjekte der vermeintlichen Wasserangriffe sind, so ist inzwischen niemand vor einer Attacke sicher (außer ganz alte Menschen oder Babys).

Übrigens ist der Ostermontag in Polen der Tag mit dem höchsten Wasserverbrauch im ganzen Jahr.

Schönes Fräulein, darf ich’s wagen? – Husvét in Ungarn

Wie in Polen gibt’s auch in Ungarn den Brauch, die Angebetete (bzw. die Frauen im Familien-/Freundeskreis) am Ostermontag mit Wasser zu überschütten („locsolás“) oder mit Parfum zu bespritzen. Allerdings müssen sich die Männer diese Gunst erst erwerben, nämlich indem sie die Angebetete mit einem Gedicht um Erlaubnis bitten. Die Frauen schenken ihnen danach Ostereier oder Kuchen. Ein anderes beliebtes Oster-Spiel ist der Eierlauf: Ein Ei wird auf einem Löffel um die Wette balanciert.

Jetzt knallt’s – Πάσχα in Griechenland

Etwas wilder geht’s auf der Insel Chios in Griechenland zu. Hier findet zu Ostern auch eine Schlacht statt, allerdings mit Feuerwerkskörpern zwischen zwei Dörfern. Der Rest Griechenlands genießt den Ostersonntag lieber entspannt mit klassisch-griechischer Kulinarik von der Ostersuppe bis zum Lammbraten und griechischem Wein – wohl verdient nach den stundenlangen Zeremonien und Prozessionen, in welchen man die Tage zuvor ein richtiges Ausdauervermögen bewiesen hat.

Feierliche Bescheidenheit – Πάσχα/Paskalya/عيد القيامة auf Zypern

Auf Zypern stehen zwei Punkte im Vordergrund: Einerseits die feierliche Ostermesse am Karsamstag-Abend, wo zu Mitternacht die Lichter verlöschen und die mitgebrachten Osterkerzen entzündet werden, und andererseits die köstlichen Flaounes, welche das Ende der Fastenzeit einläuten.

Kulinarischer Höhepunkt zu Pasqua in Italien

Wenn wir schon beim Essen angekommen sind – Italien rollt neben den religiösen Feierlichkeiten der Kulinarik mal wieder den roten Teppich aus. Wie von der italienischen Küche nicht anders zu erwarten, regen Köstlichkeiten wie die Torta Rustica und die Colomba Pasquale die vermehrte Speichelproduktion an. Auch riesige Schokoladeneier dürfen nicht fehlen!

Schokoladige Weisheiten zu Páskar in Island

Apropos riesige Schokoladeneier: In Island überreicht man sich gegenseitig gigantische Schokoladeneier, die mit Süßigkeiten und einem weisen Spruch gefüllt sind. Diese Eier existieren in den Größen 1 bis 10+ (was auch immer das heißen mag), jedenfalls erreichen sie ein Gewicht zwischen 200-1500 Gramm! Geschmückt werden sie mit Schleife und einem Küken, so wie das Haus auch frühlingshaft dekoriert wird.

Viel, länger, am größten – Pasen in den Niederlanden

Schon so große Schokoeier, unglaublich – aber Island ist nicht das einzige Land, das gerne Rekorde aufstellt. Denn in den Niederlanden gibt es gleich mehrere Riesen-Events: 2012 wurde im Ort Espelo das damals größte Osterfeuer der Welt abgefackelt (wurde sogar in das Guinessbuch der Rekorde aufgenommen), das Paaspop-Musikfestival lädt (in normalen Jahren, hust) über 50.000 Besucher_innen ein, und zuletzt locken die Möbelhäuser mit dem über 30-Jahre-alten Brauch, Möbel am Ostermontag zu kaufen (ich frage mich, wer den initiiert hat?), Menschenmassen an, die nicht selten ewig lange Schlangen dreimal um den Häuserblock bilden (ebenfalls in normalen Jahren).

… wie sagt man Ostern auf den Osterinseln?

Zuletzt sehen wir noch bei den Osterinseln vorbei. Na, wenn das kein Ort ist, um gebührend Ostern zu feiern? Tatsächlich wird dem Osterfest hier etwas weniger Beachtung geschenkt, obwohl knappe 90% der Bevölkerung dem katholischen Glauben angehören. Die Kirchen sind an diesem Tag zwar gerammelt voll, aber nach der Messe war’s das auch wieder. In der Messe selbst trägt der Priester eine Blumenkette, entsprechend der Landestradition. Oh, eines gibt’s hier noch: Nämlich Süßkartoffeln, die anstelle von Eiern verspeist werden. Und: Ich habe leider noch nicht herausfinden können, was „Ostern“ auf Pascuense/Rapa Nui bedeutet.

Epilog

So viele Bräuche, die wir jetzt gestreift haben, mir brummt der Schädel. Dabei gibt es noch bei Weitem mehr, bestimmt auch viele, die ausschließlich Familien-intern praktiziert werden.

In meiner Familie ist z.B. unser sogenanntes „Schwenzoni“ üblich: Vor dem Osteressen werden Eier gepeckt, und nachdem diese geschält und mit Salz bestreut wurden, werden Schnaps-Stamperl ausgeteilt, womit man mit den Worten „Schwenzoni – schwemm’s owe“ (= „Schwemm’s runter“) anstoßt, ins Ei beißt und den Biss mit dem Schnaps hinunterspült. Laut Familienüberlieferungen hat das mein Ur-ur-Onkel (oder so) nach seinem Einsatz im 2. Weltkrieg aus Polen mitgebracht. (Den geographisch-kulturell-genauen Ursprung dieses familiären Brauches haben wir aber bisher noch nicht ausfindig machen können.)

Wie auch immer, ich möchte mich für diese halbstündige Weltreise mit euch bedanken und wünsche allen einen angenehmen Frühlingsbeginn!

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Abbildungen

Titelbild: Bild von hudsoncrafted auf Pixabay
Schokohase mit Löwenzahn: Bild von pasja1000 auf Pixabay
Kirchenglocke: Bild von Thomas Pautz auf Pixabay
Ostereisuche: Bild von Joshua Choate auf Pixabay
Osterbrunnen: Bild von It is not permitted to sell my photos with StockAgencies auf Pixabay
Uluru: Photo by Ondrej Machart on Unsplash
Pfannkuchen-Pfanne: Photo by Andrew “Donovan” Valdivia on Unsplash
Semana Santa: Bild von Ursus612 auf Pixabay
Kleine Osterhexe: Bild von sobima auf Pixabay
Polnisches Ostern: Photo by zibik on Unsplash
Colomba Pasquale: Bild von lavaligiainviaggio auf Pixabay
Osterinseln: Photo by Thomas Griggs on Unsplash
Verzierte Eier: Bild von Zauberei auf Pixabay

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