10. Semester in (01/2018 - 06/2019)

Betreuung
3
Lehrveranstaltungen
0
Besuchte Stationen
3
Lebenshaltungskosten
1

Ich empfehle ....

... diese Region
Ja
... Auslandsaufenthalt
Ja

Weiteres zum Aufenthalt

Tertiale
HNO/Auge, Neurologie, und Gynäkologie

Wie würdest du die Gastuniversität beurteilen? Wie war die Betreuung vor Ort?

Grundsätzlich gibts in Neapel zwei Universitäten, die Federico II und die Seconda Università (heißt mittlerweile glaub ich anders), wobei sich letztere in Caserta (ca. 20km von Neapel entfernt) befindet. Bei den Lehrkrankenhäusern sind allerdings die der Hauptuni (Federico II) ca. 10 Metro-Stationen vom Stadtkern entfernt während sich die der Uni aus Caserta direkt im Zentrum Neapels befinden. Wer also Vorlesungen besuchen muss sollte die Federico II wählen, wer (wie ich) nur Praktika macht, fährt mit der Seconda Università besser. Ich war auf der Federico II und meine Tertiale bestanden nur aus Praktika (Tirocini) im Krankenhaus, Prüfungen oder LVs schreiben musste ich nicht. Von der Uni selbst wurde auch ein Gratis Sprachkurs im Februar angeboten, weshalb ich etwas früher angereist bin als ich musste. Ansonsten gibts relativ wenig Betreuung. Zumindest für Medizin-Student_innen, weil die medizinische Fakultät doch recht abgetrennt vom Rest der Uni (die sich wiederum im Stadtkern befindet) ist. Trotzdem muss man zu Beginn im Hauptgebäude der Uni erscheinen und sich dort registrieren. Leider konnte mir dort dann keiner sagen, wie es jetzt weiter geht. Auch Kontaktdaten der Verantwortlichen der medizinischen Fakultät musste ich mir selbst besorgen. Was die Betreuung durch ESN und ähnliche Organisationen angeht (gibt 3 davon in Neapel): die helfen einem gern bei allen möglichen Probleme inkl. Wohnungssuche und haben auch sonst ein ganz gutes Programm was Ausflüge, Veranstaltungen und Partys angeht. Also insgesamt bleibt von der Betreeung von Seiten der Uni übrig, dass der gratis angebotene Sprachkurs recht positiv war (kann man sich auch an der MUW als Wahlfach anrechnen lassen), man bei der Organisation aber sehr auf sich allein gestellt ist. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, ein paar Wochen vor dem geplanten Start des 1. Praktikums anzukommen. Theoretisch bietet die Uni auch eine Art Wohnungs-/Zimmervermittlung an, allerdings ist der Service viel zu spät gestartet und ich weiß auch nicht, ob dann wirklich Wohnungen vermittelt wurden. Ich hab jedenfalls niemanden kennengelernt, der so seine Wohnung gefunden hat. Was dafür funktioniert hat, war, dass sie einem auf Wunsch schon vor Antritt einen codice fiscale (eine Art Steuernummer, die man in Italien sehr oft benötigt) besorgen.
Auf der medizinischen Fakultät war der erste Ansprechpartner dann Emanuele D’Onofrio, der schon sehr bemüht um die Student_innen ist (extrem nett warn übrigens sowieso alle Personen, mit denen ich zu tun hatte), da scheiterte es dann aber an anderen Dingen (mehr dazu weiter unten).

Wie würdest du das/die Gastkrankenhäuser und deine Tertiale beurteilen? Was waren deine Tätigkeitsbereiche?

Man kann sich im Prinzip auf allen Stationen aussuchen, wann man kommt und geht, allerdings bekommt man eine Anwesenheitsliste, auf der man seine Stunden vermerkt und die auf der jeweiligen Abteilung unterschrieben werden muss und die dann am Ende auf eurem Zeugnis (Transcript of Records) steht. Da die MUW 25 Wochenstunden als Mindestzeit vorgibt, könnt ihr euch daran orientieren.
Die Menschen, mit denen man zu tun hatte (egal ob Ärzt_innen, Professor_innen, Pflege oder andere Student_innen) waren durchwegs nett und haben gern mit einem geredet. Egal ob jetzt Small-Talk oder auch über medizinisches. Voraussetzung war aber wie überall in Neapel, dass man gut italienisch kann. Englisch können leider auch auf der Uni nur ganz wenige Leute ausreichend gut. Der Vorteil von italienisch ist dafür auch, dass man nicht großartig medizinische Vokabel lernen muss, weil die Begriffe sehr ähnlich klingen wie die lateinischen Fachbegriffe, die wir auch in Österreich benutzen.
Die hygienische Situation ist leider eher schlecht. In den 3 Monaten Praktikum hab ich keinen einzigen Händedesinfektionsspender gesehen. Überhaupt merkt man, dass Geld an allen Enden fehlt, auch Computer gibts auf den Ambulanzen kaum. Auch die praktische Ausbildung ist in Italien quasi kaum vorhanden. Das Studium ist dort seeeehr theoretisch gestaltet (dafür wissen die Student_innen auch echt viel) und im Krankenhaus schaut man nur zu. Ich hatte das Gefühl, dass selbst die Assistenzärzt_innen im 1. Jahr teilweise weniger machen dürfen als ich im KPJ in Österreich. Also eher die Tertiale wählen, die einen weniger interessieren. Erklärt wurde dafür auf Nachfrage gern und viel.

Welche organisatorischen Hürden musstest du überwinden? War es einfach/gab es Probleme bei der Wohnungsfindung? Wie war deine Wohnsituation und Miete (WG, Wohnheim etc.)?

Die Organisation war insgesamt etwas chaotisch, weil die Uni Napoli die zuständige Person für die Erasmus Student_innen nicht geupdated hat, deshalb das Learning Agreement an die falsche Stelle geschickt wurde und ich erst kurz vor Antritt des Aufenthaltes durch selbstständiges Kontaktieren der Uni dort herausgefunden habe, dass die noch gar nichts von meinem Aufenthalt wissen. Das ganze ließ sich dann aber relativ einfach klären. Dort angekommen, meldete ich mich wie schon oben erwähnt im Gebäude der Hauptuni an, wo keiner wusste, wie das mit den KH-Praktika abläuft. Als ich den zuständigen Herrn im Erasmus-Büro der med. Fakultät endlich ausfindig machen konnte, wusste dieser auch nichts von meinen Praktika und schrieb deshalb die diversen Profs an, damit ich noch einen Platz bekomme. Von denen antwortete aber keiner, sodass ich am Ende von ihm eine Liste von Profs der jeweiligen Abteilungen mit ihren Sprechstunden bekam, bei denen ich mich einfach persönlich vorstellen und fragen sollte. Das klingt jetzt nervig und am Anfang hatte ich auch etwas Angst, dass ich nicht alle Praktika absolvieren kann und deshalb ein Semester verliere. Im Endeffekt ließ sich aber alles (wie immer in Neapel) ganz einfach, kurzfristig und unbürokratisch regeln, sodass ich mich bei den weiteren Praktika nur noch am Freitag vor Beginn bei einem/r der Profs vorstellte und jedes Mal am Montag anfangen konnte. Da das Curriculum der italienischen Student_innen kaum Praktika vorsieht gab es eben nie das Problem, dass zu wenig Plätze vorhanden wären.
Was die Wohnungssuche angeht, ist es am besten, wenn man sich für die erste Woche ein Hostel oder Apartment bucht und dann erst dort auf Wohnungssuche geht. Dafür gibts Internetseiten (easystanza.it), viele Facebook-Gruppen und in der ganzen Stadt verteilt Anzeigen zu Wohnungsangeboten. Von Uni-Seite kam wie erwähnt nicht wirklich Unterstützung und die Unterstützung der Erasmus-Organisationen beschränkt sich eher darauf, einem in der Kommunikation zu helfen, wenn man schon eine entsprechende Anzeige gefunden hat. Die Preise für WG-Zimmer reichen dann von monatlich ca. 150€ für Doppelzimmer bis 500€ für Zimmer in wirklich schönen Wohnungen und guter Lage, Mietverträge gibts meistens nicht. Ich hab mein Zimmer dann über die erwähnte Homepage gefunden und war in einer 2er-WG mit einer anderen Erasmus-Studentin.

Gab es sozio-kulturelle Besonderheiten (Essensgewohnheiten, Offenheit, Bürokratie, Arbeitsmoral, etc), gab es sprachliche Barrieren? Wurden vor Ort Sprachkurse angeboten?

Auch wenn kein Nachweis des geforderten Sprachniveaus (B1) verlangt wurde, kann ich jedem nur empfehlen, italienisch zu lernen. Ich habs mit Duolingo, den Universitalia-Büchern und Serien schaun auf ein recht gutes Niveau gebracht. Also ein Kurs ist meiner Meinung nach nicht unbedingt nötig, aber nachdem die Uni einen Anteil der Kursgebühr übernimmt, sicher nicht die schlechteste Idee. In Neapel selbst gabs dann wie schon erwähnt noch einen Gratis-Intensiv-Sprachkurs für Erasmus-Student_innen. Von den Einheimischen sprechen vor allem von den Älteren sehr viele napulitano, was mehr wie eine eigene Sprache als ein Dialekt anmutet. Man schaffts aber trotzdem sich zu verständigen und spricht am Ende des Aufenthaltes selbst nicht mehr das “schönste” italienisch. 😉

Wer nach Neapel kommt, sollte nicht gleich schockiert sein, weil alles so (scheinbar) chaotisch abläuft. Mit der Zeit findet man das eher faszinierend und lernt es zu lieben. Auch von der Art der Leute, dass schon alles irgendwie gut gehen wird, kann man sich einiges abschauen. Wahrscheinlich werde ich in meinem Leben nie wieder so oft den Satz hören, dass ich mir keine Sorgen machen soll (“non ti preoccupare”). Das ging auch allen anderen Erasmus-Student_innen mit denen ich zu tun hatte so. Man fragt sich anfangs, wo man hier gelandet ist und wirds am Ende doch vermissen, wenn man die Stadt wieder verlässt.

Welche Tipps/Überlebenstricks würdest du anderen Studierenden unbedingt mit auf den Weg geben? Was hat dir besonders gut/nicht so gut gefallen. Nutze diese Gelegenheit um besondere Dinge hervorzuheben!

Anreisen kann man grad im Winter recht günstig per Direktflug. Falls die Flüge mittlerweile teurer sind empfiehlt sich auch ein Flug nach Rom und von dort mit dem Schnellzug weiter nach Neapel.
Für die Wohnungssuche würde ich ausschließlich im Centro Storico suchen und hier die Gegenden tiefer in den Quartieri Spagnoli und Forcella meiden. Ganz einfach weil sich das Nachtleben fast ausschließlich im Zentrum abspielt, welches nicht sehr groß ist (im Grunde alles zu Fuß erreichbar) und in der Nacht keine Öffis fahren. Wer die Metro öfter benützt (zB um zum Krankenhaus zu gelangen) sollte sich eine Monatskarte für ca. 30€ besorgen. Ansonsten werdet ihr die Öffis nicht sehr oft brauchen. Bis auf die Metro sind sie außerdem recht unzuverlässlich. Zuletzt bleibt zu sagen, dass man möglichst viel vom besten Kaffee (Preis ca. 1€) und der besten Pizza (3-5€) der Welt probieren sollte.
Neapel hat leider außerdem das Vorurteil, dass dort besonders viel Kriminalität vorherrscht. Das mag vielleicht den Einfluss der Mafia betreffen (wovon ihr wenig mitbekommen werdet), auf den Straßen selbst würd ich es aber nicht gefährlicher als viele andere südeuropäische Städte einschätzen. Einfach bei nachts enge Gassen meiden und Kredit-/Bankomatkarte sowie Handy daheim lassen. Mir ist die ganzen vier Monate nichts passiert, manche andere Erasmus-Student_innen wurden leider schon ausgeraubt. Verletzt wurde dabei aber niemand.
Mein letzter Tipp für Fußballfans ist, möglichst oft das Stadion zu besuchen (aber eher bei den Nachmittagsspielen, nach 22:00 fährt keine Metro mehr zurück). Der Fußball prägt sowieso schon das gesamte Stadtbild, Karten für die Kurve gibts bei manchen Spielen um 10-15€ und es ist dort ein Erlebnis, das man in west- und mitteleuropäischen Stadien in der Form sonst nicht mehr hat. Aber auch wer nichts mit Fußball anfangen kann, sollte es sich zumindest einmal geben. Ihr werdet eh schnell merken, was für eine große Rolle dieser Sport in der Stadt und für die Bewohner_innen spielt.