
9. Semester in (09/2015 - 02/2016)
- Betreuung
- Lehrveranstaltungen
- Besuchte Stationen
- Lebenshaltungskosten
- 2
Ich empfehle ....
- ... diese Region
- Ja
- ... Auslandsaufenthalt
- Ja
Weiteres zum Aufenthalt
- Tertiale
- Psychiatrie, Neurologie, Pädiatrie, und Gynäkologie
Wie würdest du die Gastuniversität beurteilen? Wie war die Betreuung vor Ort?
Da ich keine Vorlesungen auf der Universität selbst besuchen musste, sondern nur die Tertiale im Krankenhaus zu erledigen hatte, kann ich über die Gastuniversität selbst eher wenig sagen. Was sicher sehr positiv ist, ist der von der Gastuniversität organisierte gratis Italienischkurs zu Beginn des Semesters. Dieser wird etwas außerhalb der Stadt abgehalten und ist im Großen und Ganzen eigentlich sehr gut organisiert. Das notwendige Italienischlehrbuch kann man sich auch als kopierte Billigversion in einem der zahlreichen Copyshops rund um die Universität besorgen.
Des Weiteren gibt es ein sehr nettes Einführungsevent in der großen Halle der Hauptuniversität zu Beginn des Semesters. Nach einer kurzen aber prägnanten Rede über die positiven Effekte von Erasmus und die Notwendigkeit zur internationalen Zusammenarbeit, erhält man noch eine Kostprobe des Universitätseigenen Chors und darf an einer gratis Stadtführung teilnehmen.
Wie würdest du das/die Gastkrankenhäuser und deine Tertiale beurteilen? Was waren deine Tätigkeitsbereiche?
Ich habe alle Tertiale am zur Medizinischen Universität zugehörigen Universitätskrankenhaus in Perugia erledigt. Dieses ist schön und modern, jedoch eine 40-minütige Busfahrt vom Zentrum Perugias entfernt.
Die Tertiale selbst, dass muss man leider einfach sagen, waren nur begrenzt lehrreich. Die Italiener wissen einfach nicht was sie mit Studenten im Krankenhaus anfangen sollen. Folglich hat man als Student einfach niemals eigene praktische Aufgaben zu erledigen. Die einzigen Aufgaben lauten “Beobachten” und “Zuhören”.
Ich habe insgesamt vier Tertiale in Perugia erledigt, von denen ich im Nachhinein sagen würde, dass man bei Neurologie und Psychiatrie noch am meisten gelernt hat. Für Psychiatrie sollten die Italienischkenntnisse jedoch schon ein bisschen ausgereifter sein.
Tätigkeitsbereiche:
Da das italienische Medizinstudium sehr theoretisch aufgebaut ist und nahezu keine Praktika während des Studiums abgeleistet werden müssen, wissen die meisten Ärzte im Krankenhaus nicht wirklich was sie mit Medizinstudenten anfangen sollen. Insofern hat man auf den Abteilungen kaum etwas Praktisches zu tun. Meistens geht man nur bei der Visite mit und beobachtet die Ärzte bei der Arbeit. Selbst etwas tun kommt in Italien nicht wirklich in Frage.
In Italien müssen alle Assistenzärzte ihre Ausbildung an einem Universitätskrankenhaus machen, was bedeutet, dass bei einer Visite auf einer Abteilung dort auch mal 20 Ärzte und mehr dabei sein können. Wenn also einmal eine Aufgabe anfällt, wird diese erst mal vom nächsten Assistenzarzt erledigt. Als Student ist man in der langen Hierarchie einfach zu weit unten.
Welche organisatorischen Hürden musstest du überwinden? War es einfach/gab es Probleme bei der Wohnungsfindung? Wie war deine Wohnsituation und Miete (WG, Wohnheim etc.)?
Das “Transcript of Records” am Ende meines Aufenthaltes war etwas kompliziert zu erhalten und hat in Summe wohl seine 23 Monate gedauert. Mit genug Anrufen und Nachdruck kam dieses jedoch auch an.
Des Weiteren würde ich jedem empfehlen sich so früh wie möglich mit Frau Guardabassi zusammen zu reden und die Organisation der Tertiale zu besprechen. Die gute Dame ist schon eher chronisch schwer erreichbar und antwortet mit teils wochenlanger Verzögerung.
Zur Wohnung:
Ich war anfangs in einem privaten im Stadtzentrum gelegenen Studentenheim. Dieses habe ich ausgewählt, da das von der Universität gestellte Studentenheim nur mit Doppelzimmern kommt und eine halbe Stunde zu Fuß außerhalb des Stadtzentrums liegt.
Das private Studentenheim habe ich allerdings nach einem Monat wieder verlassen, da es doch sehr still und zu einem gewissen Level religiös angehaucht war; nicht mein Fall.
Es ist jedoch relativ leicht ein Zimmer in einer der zahlreichen Erasmus Studenten-WGs im Zentrum zu finden. Hier gibt es mehr Angebot als Nachfrage insofern hat man freie Wahl. Man sollte sich jedoch schon etwas früher im Sommer darum kümmern eine Wohnung zu finden, dann ist das Angebot noch größer.
Das von der Universität gebotene Studentenheim ist für den Anfang auch eine gute Lösung und extrem billig. Der lange Fußweg bist dorthin und die Tatsache, dass es ziemlich außerhalb des Zentrums liegt muss man jedoch akzeptieren. Man kann dort jedoch gut anfangs wohnen, Leute kennen lernen und dann im weiteren Verlauf in eine Wohnung ins Zentrum umziehen
Gab es sozio-kulturelle Besonderheiten (Essensgewohnheiten, Offenheit, Bürokratie, Arbeitsmoral, etc), gab es sprachliche Barrieren? Wurden vor Ort Sprachkurse angeboten?
Die Italiener sind alles in allem einfach ein bisschen relaxter als die Österreicher. Das hat positive, sowie negative Auswirkungen. Positiv sind die langen Kaffee-Tratsch-Pausen im Krankenhaus, sowie die Tatsache, dass es keinem auffällt wenn man mal zu spät kommt (oder auf manchen Abteilungen auch mal gar nicht kommt).
Auf der negativen Seite bedeutet dies aber auch, dass man sich immer auf lange Wartephasen gefasst machen muss. Auch wenn man selbst in vielen Situationen gerne hätte, dass die Dinge etwas schneller vonstatten gehen würden. Ob das jetzt bedeutet, dass man im Kaffee ne Weile auf den Kellner warten muss, weil der noch mit seinem Kumpel fertig reden muss oder ob man 12 Wochen auf die Antwort vom zuständigen ErasmusKoordinator warten muss. In diesen Momenten muss man einfach dem oft zitieren italienischen Motto “Tranquilla” und “Piano, piano” folgen.
Ansonsten lässt sich sagen, dass das Essen, sowie der Wein in Italien erste Klasse ist.
Generell hat Perugia meiner Meinung nach die perfekte Größe für einen Erasmusaufenthalt. Die Stadt ist auf der einen Seite klein genug, dass man seinen Freunden leicht einmal auf der Straße über den Weg läuft und sofern man im Zentrum wohnt, niemals länger als 10 Minuten nach Hause braucht. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Restaurants, Lokale und Bars. Jeden zweiten Abend kann man irgendwo Livemusik finden und im Sommer ist sowieso abends auf den Straßen und der Piazza Magiore soviel los, dass man nirgendwo reingehen muss, um etwas zu erleben
Zur Sprache:
Es gibt zum Einen einen von der Universität Perugia angebotenen gratis Italienisch Sprachkurs, der auch wirklich sehr gut ist. Man kann entweder die Intensivversion im September oder die über das ganze Semester gestreckte wöchentliche Version besuchen. Zum Anderen bietet die örtliche ESN Erasmus Organisation auch nochmals einen wöchentlichen Italienisch Kurs für ingesammt 10 Euro an. Auch hier sind die Studenten, die ihn abhalten sehr motiviert. Alles in Allem also ein sehr gutes und umfangreiches Angebot. Sofern man Italienisch lernen möchte, erhält man also ausreichend Unterstützung.
Lebenshaltungskosten:
Im Generellen sind die Preise in Perugia mit ein paar Ausnahmen vergleichbar mit denen in Wien. Die Miete ist eindeutig billiger als in Wien (speziell im Studentenheim), so auch Kaffee und Zugtickets. Der Rest Kleidung, Lokale, Restaurants und Essen im Supermarkt befindet sich jedoch auf einem ähnlichen Preisniveau wie in Österreich.
Welche Tipps/Überlebenstricks würdest du anderen Studierenden unbedingt mit auf den Weg geben? Was hat dir besonders gut/nicht so gut gefallen. Nutze diese Gelegenheit um besondere Dinge hervorzuheben!
Viel Ruhe und Geduld. Die Dinge gehen in Italien immer etwas langsamer vonstatten und bei Zeiten muss man auch mal persönlich auftauchen um überhaupt etwas zu erreichen. Früher oder später wird dann aber auch in Italien alles erledigt.
Insgesamt muss ich sagen hat mir der ErasmusAufenthalt in Perugia extrem gut gefallen. Die Stadt ist einfach wunderschön und hat vor allem Studenten, die es dort zu Hauf gibt, viel zu bieten. Das soziale Leben und das generelle Freizeitleben ist facettenreich und bunt. Es gibt viele Lokale und Bars, mit verschiedensten wöchentlichen Events, die teils extra auf das internationale Publikum zugeschnitten sind und ideal zum Leute kennen lernen und Freunde wieder treffen. Clubs gibt es auch einige, diese sind jedoch alle außerhalb der Stadt und nur mit entsprechenden Shuttlebussen zu erreich, was mir im Endeffekt meistens zu anstrengend war.
ESN Perugia ist sehr motiviert und organisieren zahlreiche Trips und Ausflüge, zusätzlich bietet auch das Lokal “Alphaville” viele Events für das internationale Publikum an.
Negativ zu erwähnen ist jedoch das Krankenhausleben. Man kann nicht wirklich behaupten, dass man bei den Praktika im Krankenhaus besonders viel lernt. Meistens fühlt man sich einfach ziemlich überflüssig. Keiner weiß wirklich warum man da ist, und man selbst eigentlich auch nicht. Man hat keine eigenen Aufgaben und kann nur beobachten. Ein Arzt/eine Ärztin der/die viel erklärt zu finden gleicht beinahe einem Lottogewinn.
Es gibt schon auch Abteilungen, wie Neurologie und Psychiatrie wo man zumindest beim bei der Visite mitgehen und bei den Patientengesprächen beisitzen einiges lernen kann und der Vormittag halbwegs interessant ist. Andere Abteilungen stecken jedoch fast gar keinen Aufwand in Studentenausbildung. Bei meinem Pädiatriepraktikum bin ich bei Zeiten angewiesen worden einfach nur am Gang zu warten.
Es gab einige Medizinstudenten, die angefangen haben, als Informationsplus einfach in die Medizinvorlesungen auf der Medizinischen Universität nebenan zu gehen. Dort hat man dann doch etwas lernen können und sein MedizinItalienisch vertiefen können. Die Praktika selbst muss man einfach sagen, waren jedoch nur bedingt lehrreich. Man hatte dadurch jedoch genug Freizeit um die wunderschöne Gegend Umbriens und der Toscana zu erforschen