
10. Semester in (11/2018 - 11/2018)
- Betreuung
- Lehrveranstaltungen
- Besuchte Stationen
- Lebenshaltungskosten
- 2
Ich empfehle ....
- ... diese Region
- Ja
- ... Auslandsaufenthalt
- Ja
Weiteres zum Aufenthalt
- Tertiale
- Psychiatrie, Neurologie, und Gynäkologie
Wie würdest du die Gastuniversität beurteilen? Wie war die Betreuung vor Ort?
Die meisten Praktika sind im Fakultätskrankenhaus Kralovské Vinohrady. Im Vergleich zum AKH wirkt es klein, aber im Vergleich zum AKH sind das wohl die meisten Krankenhäuser. Die Stationen sind sehr unterschiedlich. Rein vom Äußerlichen, also den Gebäuden und der Ausstattung in den Patientenzimmern, wirkte es auf mich zum Teil schon älter und schlechter ausgestattet als die meisten Spitäler in Wien. Allerdings nur teilweise, es ist von Station zu Station sehr unterschiedlich und auch in manchen Wiener Krankenhäusern gibt es Sechsbettzimmer mit einem Bad für mehrer Zimmer. Von den medizinischen Behandlungen und Möglichkeiten entspricht es jedoch – soweit ich das beurteilen kann – dem Standard, den man in einem europäischen Universitätsklinikum erwartet.
Die Abteilung für Neurologie war zwar vom Gebäude her sicher eine der hässlichsten, die ich gesehen hatte, aber dafür waren die Ärzte und Ärztinnen sehr motiviert und an der Lehre interessiert. Insgesamt war es das Tertial, das mir am besten gefiel und wo ich am meisten lernen konnte.
Von der Gynäkologie war ich eher enttäuscht. Leider vermittelten mir einige Ärzte und Ärztinnen eher den Eindruck, dass wir Student_innen eher stören und unerwünscht sind. Bis auf die Möglichkeit, bei einigen OPs zu assistieren, war es leider kaum vorgesehen, Studierende in den Stationsalltag einzubringen. Es gibt jedoch nicht nur die Abteilung für Gynäkologie im Fakultätskrankenhaus, wo ich mein Praktikum hatte, sondern eine eigenes Zentrum (Institute for Mother and Child Care) im Stadtteil Podolí. Angeblich sollen die Praktika dort wesentlich besser sein.
Die Psychiatrie-Seminare und Praktika fanden im National Institute for Mental Health (NIMH, bzw. auf Tschechisch NÚDZ), einem neu eröffneten psychiatrischen Krankenhaus in Klecany, das ist etwas nördlich von Prag. Das hatte den Nachteil, dass ich immer sehr früh aufstehen musste, da die Hinfahrt doch länger dauerte als ins Fakultätskrankenhaus und der Bus nur zweimal pro Stunde fuhr. Der Vorteil ist, dass (fast) alle Student_innen denselben Bus nehmen und ich daher meine Kollegen und Kolleginnen auf der Busfahrt besser kennenlernen konnte. Außerdem ist das Institut nagelneu und schön eingerichtet und es wirkt, wenn man hineinkommt, fast mehr wie ein Hotel als ein Krankenhaus. Von dem, was die Patient_innen mir erzählt habe, dürfte es eine der modernsten und besten psychiatrischen Kliniken in Tschechien sein. Die meisten Ärzte und Ärztinnen waren sehr freundlich und entgegenkommend und erklärten uns viel. Zu meiner Überraschung konnten dort auch relativ viele Patient_innen gut genug Englisch um die Gespräche bei der Visite auf Englisch zu führen, damit wir mehr verstehen können.
Die Mitarbeiterinnen des International Office der 3. Med. Fakultät waren sehr freundlich und engagiert und man konnte immer mit Problemen zu ihnen kommen, auch wenn sie mit dem Studium nicht direkt etwas zu tun hatten (z.B. Begleitung bei Arztbesuchen, Organisieren von einer günstigen Möglichkeit, ein Paket mit den Wintersachen nach Hause zu schicken, Anmeldung zu Sportkursen…)
Außerdem gab es den CUNI International Club, der verschiedene Events organisierte. Z.B. gab es eine Einführungswoche (über die ich jedoch nichts sagen kann, weil ich erst später in Prag ankam), ein Buddy-Programm, Filmabende, Ausflüge, Stadtführungen etc. …
Es gab zwar eine Studierendenvertretung (TriMed) und außerdem eine eigene Organisation der norwegischen Studierenden, jedoch kann ich darüber nicht viel sagen, da ich nicht viel mit Ihnen zu tun hatte, außer dass ich auf einigen Veranstaltungen wie Partys oder einem Benefizlauf war.
Wie würdest du das/die Gastkrankenhäuser und deine Tertiale beurteilen? Was waren deine Tätigkeitsbereiche?
Die Kurse „Neurobehavioral Sciences I“ und „Neurobehavioral Sciences II“ (Neurologie und Psychiatrie) waren mehr als Kurs als als Praktikum angelegt. Daher gingen wir auf der Neurologie immer in Kleingruppen zusammen mit einem Arzt auf die Station und sollten dann meist zu dritt einen Patienten oder eine Patientin untersuchen und die Ergebnisse und unsere Verdachtsdiagnosen dann dem Arzt und den anderen Studenten aus unserer Gruppe präsentieren. Anschließend wurde über mögliche Differentialdiagnosen, notwendige Zusatzuntersuchungen, Therapiemöglichkeiten und Prognose diskutiert und wir sahen uns gemeinsam die Befunde, z.B. CT- oder MR-Bilder, an. Außerdem hatten wir die Gelegenheit, bei diversen elektrophysiologischen Untersuchungen und beim Ultraschall zuzusehen. Auf der Psychiatrie kamen zum Teil Patient_innen zu uns ins Seminar und erzählten von ihrer Krankheit oder der Vortragende führte mit ihnen ein psychiatrisches Gespräch und wir sollten beobachten, selbst Fragen stellen und, nachdem der Patient wieder den Raum verlassen haben, unsere Beobachtungen diskutieren und gemeinsam einen psychopathologischen Status dokumentieren. Im Praktikum wurden wir nach einem Rotationsplan so auf die verschiedenen Stationen aufgeteilt, sodass jeder zumindest für einen Tag, meist jedoch mehrere Tage an jeder Station war. Wir gingen bei der Visite mit, durften dabei auch selbst Fragen stellen und – sofern die Patienten gut genug Englisch sprachen, was aber zum Glück oft der Fall war. Die Ärzte nahmen sich viel Zeit, um mit uns die Fälle zu besprechen. An einigen Tagen durften wir bei einer Gruppentherapie-Sitzung zusehen, jedoch war die Therapie ausschließlich auf Tschechisch. In der letzten Woche hatten wir die Aufgabe, ein vollständiges Anamnesegespräch mit einem Patienten zu führen und dieses zu dokumentieren. Das wurde dann mit einem Arzt besprochen und von ihm beurteilt.
Auf der Gynäkologie durfte ich leider meistens nur zusehen. Auf der Geburtshilfe war die meiste Zeit leider kaum etwas los, außer zweimal, als ich bei einem Kaiserschnitt zusehen durfte. In der Ambulanz sah ich meistens nur zu und leider sprachen die Ärzte oft nur Tschechisch mit den PatientInnen und ich musste darauf hoffen, dass mir andere StudentInnen übersetzten. Zwei Ärztinnen waren sehr freundlich und erklärten mir auch viel auf Englisch, die meisten anderen sprachen die meiste Zeit nur Tschechisch. Nur in der Woche, in der ich im OP eingeteilt war, durfte ich mehr selbst tun und bei einigen Operationen assistieren – unter anderem bei einer offenen Hysterektomie und einer laparoskopisch assistierten transvaginalen Hysterektomie.
Welche organisatorischen Hürden musstest du überwinden? War es einfach/gab es Probleme bei der Wohnungsfindung? Wie war deine Wohnsituation und Miete (WG, Wohnheim etc.)?
Auch wenn ich als EU-Bürgerin kein Visum brauchte, musste ich mich innerhalb der ersten 30 Tage auf der Fremdenpolizei melden. Ich würde stark empfehlen, das am Vormittag und nicht am Nachmittag zu machen. Ich war am Nachmittag, weil ich am Vormittag meistens Seminare hatte, die ich nicht versäumen wollte, und musste zwei bis drei Stunden warten. Eine Freundin, die am Vormittag hinging, kam ziemlich schnell an die Reihe.
Außerdem muss man die E-Card, bevor man zu einem Arzt gehen kann, bei einer lokalen Krankenversicherung registrieren lassen, die dann die Verrechnung durchführt.
Ansonsten gibt es keine organisatorischen Hürden.
Zu Impfungen: Wenn man viel in die Natur geht, ist vielleicht eine FSME-Impfung sinnvoll, da Tschechien Endemiegebiet ist.
Da der Freund meiner Cousine aus Tschechien kommt und Verwandte in Prag hat, war die Wohnungssuche für mich nicht schwer und ich konnte bei jenen Verwandten eine Garconniere (1 Zimmer mit Küchenzeile + Bad) um umgerechnet 185 € mieten. Obwohl es daher etwas weiter weg von meiner Fakultät war, war ich mit der Wohnsituation sehr zufrieden – eigenes Zimmer, eine wirklich schöne Gegend und immer Ansprechpartner, wenn ich Probleme oder Fragen hatte… Die meisten anderen ERASMUS+-StudentInnen wohnten im Wohnheim Hostivař, das von der Universität angeboten wird. Dieses ist zwar nicht allzu weit von der Fakultät und dem Fakultätskrankenhaus entfernt, aber man braucht ca. 45-60 min ins Stadtzentrum. Die meisten Student_innen, die ich kenne und die dort wohnten, waren eher unzufrieden damit, da es nur ziemlich kleine Doppelzimmer gibt und die Einrichtung eher schäbig ist – besonders
Gemeinschaftseinrichtungen wie Küche und Waschmaschinen. Andererseits hatte ich schon den Eindruck, dass diese dafür etwas leichter andere Student_innen außerhalb der eigenen Kurse, v.a. andere Austauschstudenten, kennenlernten.
Gab es sozio-kulturelle Besonderheiten (Essensgewohnheiten, Offenheit, Bürokratie, Arbeitsmoral, etc), gab es sprachliche Barrieren? Wurden vor Ort Sprachkurse angeboten?
Tschechien hat sicher durch die gemeinsame Geschichte gewisse kulturelle Gemeinsamkeiten mit Österreich. Ich hatte daher keinen Kulturschock und keine größeren Schwierigkeiten, was die Kultur betrifft.
Besonders anfangs hatte ich den Eindruck, dass die Bedienung in Geschäften oder Restaurants kühler und unfreundlicher ist. Das ist aber lange nicht überall so, ich habe auch sehr freundliche Menschen getroffen, also lass dich nicht davon abschrecken.
Ja, während der Praktika gab es doch eine gewisse Sprachbarriere, da viele Patient_innen nicht Englisch sprechen. Besonders auf der Neurologie, wo fast nur ältere Menschen waren, war die Kommunikation eine Herausforderung und ich war sehr froh, dass ich schon vor meinem Aufenthalt begonnen hatte, die Sprache zu lernen. Auf der Psychiatrie waren viele junge Patient_innen, die zum Teil sehr gut Englisch sprachen.
Die Ärzte und Ärztinnen sprachen meistens gut Englisch, die Krankenschwestern jedoch oft nicht oder nur wenig.
Die Fakultät bot um umgerechnet ca. 40 € einen Tschechisch-Kurs an (Kursmaterialien im Preis inkludiert). Es gab drei verschiedene Gruppen: Beginnes I, Beginners II und Intermediate. Der Kurs fand für die Anfänger zweimal wöchentlich, für die Fortgeschrittenen einmal wöchentlich statt und dauerte immer ca. eineinhalb Stunden. Da ich bereits ein Jahr vorher mit dem Tschechisch-Lernen angefangen hatte und sich der Intermediate-Kurs mit meinem Stundenplan nicht ausging, durfte ich stattdessen am Kurs „Patient Communication in Czech“ für die internationalen Studenten, die das ganze Studium in Prag machen, teilnehmen.
Die Vortragenden und das Personal an der Fakultät selbst sprechen Großteils sehr gut Englisch (bis auf ein paar wenige Ausnahmen).
Ansonsten war es im Alltag schon sehr nützlich, ein bisschen Tschechisch zu können.
Welche Tipps/Überlebenstricks würdest du anderen Studierenden unbedingt mit auf den Weg geben? Was hat dir besonders gut/nicht so gut gefallen. Nutze diese Gelegenheit um besondere Dinge hervorzuheben!
Geld nicht in den Wechselstuben einwechseln, die zum Teil bis zu 20 % Gebühren verrechnen, sondern das Geld beim Bankomaten in Kronen abheben – das kommt wesentlich billiger, auch wenn die Bank auch eine Gebühr für die Umrechnung veranschlagt.
Außerdem würde ich empfehlen, davor ein bisschen Tschechisch zu lernen. Man kommt zwar an der Uni und in allen Tourismusorten durchaus gut mit Englisch aus, wenn man jedoch abseits der Touristenpfade unterwegs ist, sind Sprachkenntnisse eindeutig von Vorteil. Vor allem hatte ich den Eindruck, das viele Menschen positiv überrascht und dadurch etwas freundlich waren, wenn man sich bemühte, ein paar Sätze auf Tschechisch zu sagen – und wenn es nur „dobrý den“ (Guten Tag), „prosím“ (Bitte) und „děkuji“ (Danke) war. Und lass dich nicht davon entmutigen, dass es eine schwierige Sprache ist, wie gesagt, wenn man sich bemüht, reicht das schon.
Auch wenn die Roaming-Gebühren inzwischen schon recht günstig sind, habe ich mir eine tschechische SIM-Karte besorgt. Und zwar gibt es beim International Club der Karlsuniversität Prepaid-SIM-Karten von Vodafone mit einem Spezialangebot für internationale Studierende, wodurch man ein sehr günstiges Internetpaket bekommt.
Ich habe immer wieder gehört, dass manche Taxifahrer in Prag gerne Touristen ausnutzen. Mir ist so etwas zum Glück nie passiert, aber mir wurde geraten, am besten ein Funktaxi von einem bekannten Taxiunternehmen anzurufen (z.B. Taxík AAA 14014 oder ProfiTaxi 14015).
Besonders gut haben mir die vielen Parks in Prag gefallen. Von einigen davon hat man auch eine tolle Aussicht, z.B. in Riegrový Sady oder in den Letna-Anlagen (Letenské Sady), wo sich auch das Metronom befindet.
Ansonsten waren es für mich, wie es meistens der Fall ist, vor allem die Menschen, die ich kennengelernt habe, die den Aufenthalt zu etwas Besonderem gemacht haben. Ich glaube, dass doch ein paar Freundschaften entstanden sind, von denen ich hoffe, dass sie weiter bestehen bleiben.
Als Veganerin möchte ich noch anmerken, dass die traditionelle tschechische Küche sehr fleischlastig ist und nicht gerade für Vegetarier_innen und Veganer_innen geeignet ist. Dafür gibt es in Prag aber einige vegane und viele vegetarische Restaurants. Ich kann besonders das Plevel und das Etnosvět empfehlen.
Außerdem fand ich es sehr spannend eine neue Sprache zu lernen – auch wenn das wohl eine der größten Herausforderungen war. Gleichzeitig war ich jedoch froh, dass der Unterricht auf Englisch war.