9. Semester in (10/2015 - 01/2016)

Betreuung
3
Lehrveranstaltungen
0
Besuchte Stationen
4
Lebenshaltungskosten
2

Ich empfehle ....

... diese Region
Nein
... Auslandsaufenthalt
Nein

Weiteres zum Aufenthalt

Tertiale
Notfall, Neurologie, und Pädiatrie

Wie würdest du die Gastuniversität beurteilen? Wie war die Betreuung vor Ort?

Da es keinen äquivalenten Studienplan in Deutschland zum 5. Studienjahr hier bei uns gibt, ist im ERASMUS-Programm eine Art Famulatur für die jeweiligen Tertiale vereinbart. Diese dauern etwas kürzer als in Wien, nämlich pro Fach 4 Wochen. Daher kann ich nicht so viel zur Gastuniversität sagen, da ich eigentlich meine gesamte Zeit im Krankenhaus verbracht habe.
Die Abwicklung im Vorfeld verlief allerdings weitgehend problemlos, wenngleich der Studienkoordinator für die ‚Incomings‘ in Kiel nicht immer so leicht zu erreichen war. Insbesondere das Ausmachen, in welchem Monat man welches Tertial macht war etwas mühsam, da man jeden Vorstand der Abteilung einzeln anschreiben musste und es keine Koordination in der Hinsicht gab. Außerdem wurde ich über gewünschte Impftiter- Nachweise erst wenige Tage vor meiner Abreise aus Österreich informiert, was es mir unmöglich machte, die Befunde noch hier im Vorfeld einzuholen. Das war aber bei einigen anderen ERASMUS-Studenten ebenso gewesen (es gab scheinbar Kommunikationsfehler und neues Personal) und stellte im Endeffekt kein Problem dar. Ein Hepatitis B-Titer wurde dann Vorort noch kostenlos bestimmt.
Von anderen ERASMUS-Studenten, welche planmäßig an Vorlesungen teilnehmen sollten, habe ich mitbekommen, dass es wohl Probleme gab, da oft Vorlesungen ausgefallen seien bzw. unklar war wann/wo diese stattfinden würden. Dies war aber durch Umbaumaßnahmen und Umstrukturierungen an der Uni bedingt, welche nun aber bereits beseitigt sein sollten.

Wie würdest du das/die Gastkrankenhäuser und deine Tertiale beurteilen? Was waren deine Tätigkeitsbereiche?

Ich verbrachte meine drei Tertiale an der Uniklinik Kiel, welche zu dem Zeitpunkt gerade umgebaut wurde.
Den Start und somit das erste Monat verbrachte ich auf der Neurologie. Ich hatte bereits im Vorfeld in diversen Berichten gelesen, dass dort sehr gute Stimmung herrschen würde und ich wurde wirklich nicht enttäuscht. Es war zu Beginn eine große Umgewöhnung, dass sich alle gegenseitig duzten (sogar die Oberärzte!) – generell wurde da im Norden scheinbar nicht so viel Wert auf Titel gelegt, wie man es von Hierzulande gewohnt ist. Außerdem wurde ich von Anfang an sehr lieb auf der Station aufgenommen, all meine Fragen wurden geduldig beantwortet und auch während der Visite wurde ich ganz selbstverständlich mit einbezogen. Ich muss sagen es war eine große Umstellung, so aktiv mit teilnehmen zu dürfen (aber nicht zu müssen!) – ich durfte alles machen soweit ich es mir zutraute. Für die Blutabnahmen waren wir Studenten (gemeinsam mit PJ’lern) zuständig, außerdem haben wir im Verlauf auch Aufnahmen gemacht. Sogar Lumbalpunktionen durften wir machen, was ich persönlich total super fand! Am Vormittag fand auch immer eine Radio-Besprechung statt, in der immer die aktuellen CT/MR/Röntgen-Befunde besprochen wurden. Das war wirklich sehr lehrreich und ich habe sie immer gern besucht. Die letzte Woche verbrachte ich dann in der Notfallambulanz, was unglaublich lehrreich war: hier hatte ich die Möglichkeit, Patienten selbst zu untersuchen (Neurostatus!) und mit einem Assistenzarzt bzw in weiterer Folge auch mit einem Oberarzt zu besprechen & im Anschluss einen Arztbrief zu verfassen.
Also insgesamt muss ich sagen, dass mich dieses Tertial der Neurologie näher gebracht hat, als ich es jemals für möglich gehalten hätte und dass ich super viel gelernt habe. Einziger Nachteil: die Arbeitstage waren sehr lang und teilweise war es doch etwas düster in Kiel bei Dunkelheit ins Krankenhaus zu gehen und dieses bei Dunkelheit wieder verlassen – in anderen Worten, es war selbstverständlich, dass man länger blieb (17-18 Uhr), im Gegenzug bekam man aber viel erklärt und gute Stimmung!
Den nächsten Monat verbrachte ich auf einer anästhesiologisch geführten Intensivstation. Das Tertial hat mir persönlich am wenigsten gefallen, weil es einfach sehr ungewohnt war, kaum bis keinen Patientenkontakt zu haben und auch sonstige studentische Aufgaben fielen weg (Blutabnehmen, Aufnahmen…). Vor allem zu Beginn fühlte ich mich durch die ganzen (bisher mir unbekannten) Geräte überfordert. Aber mit der Zeit habe ich mich immer besser zurecht gefunden und durfte schließlich selbständig zwei Patienten betreuen – das bedeutet Laborwerte studieren und bei der Visite vorstellen, Schichtberichte schreiben und mich um anstehende Untersuchungen kümmern. Auch wenn mir die Tage lang vorkamen habe ich wirklich sehr viel in der Zeit gelernt und vor allem der Primar war immer sehr nett zu uns Studenten.
Zu guter Letzt war ich noch einen Monat auf der Pädiatrie, was mir so gut gefallen hat, dass ich mich nun auch im KPJ im Wahlfach C für Pädiatrie entschieden hab. Zwei Wochen verbrachte ich auf der allgemeinen pädiatrischen Station, die beiden letzten Wochen dann auf der Kinderkardiologie. Auch hier wurde uns Studenten sehr viel zugetraut: es war selbstverständlich, dass wir Kinder eigenständig untersuchen und ihnen Blut abnehmen durften. Außerdem machten wir Aufnahmen und schrieben dann unsere ersten eigenen Arztbriefe unter Anleitung und im weiteren Verlauf mit Feedback. Auch hier waren die Tage lang, aber ich habe die Zeit auf der Pädiatrie sehr gerne dort verbracht.

Welche organisatorischen Hürden musstest du überwinden? War es einfach/gab es Probleme bei der Wohnungsfindung? Wie war deine Wohnsituation und Miete (WG, Wohnheim etc.)?

Für die Wohnungssuche habe ich im Vorfeld eine Reihe von Internetadressen zugeschickt bekommen, die sehr hilfreich waren. Ich verbrachte dann meine Zeit in einer Wohnung von einer Medizinstudentin aus Kiel zur Zwischenmiete, was super gepasst hat. Ich habe die Wohnung vor den Sommerferien organisiert für Beginn ab Mitte Oktober. Allerdings habe ich vor Ort gehört, dass durch die Flüchtlingswelle wenige freie Wohnungen/Wohnheime zur Verfügung standen und Leute, die sich später darum gekümmert haben wohl Probleme hatten, eine Unterkunft zu finden.
Im Vergleich zu Wien war Kiel auf jeden Fall weniger kostspielig, insbesondere Lebensmittel und Drogerieartikel waren doch um Einiges günstiger zu Teil. Generell ist Kiel eher eine Studentenstadt und es gibt überall günstige Unterkünfte und Studentenheime. Außerdem gibt es ein großes Sportangebot von der Sportuni in Kiel (ähnlich den ‚USI-Kursen‘ in Wien) zu studentenfreundlichen Preisen.

Gab es sozio-kulturelle Besonderheiten (Essensgewohnheiten, Offenheit, Bürokratie, Arbeitsmoral, etc), gab es sprachliche Barrieren? Wurden vor Ort Sprachkurse angeboten?

Im Vorfeld hörte ich oft von den unfreundlichen und kühlen Norddeutschen, das kann ich nach meinem ERASMUS-Aufenthalt aber gar nicht bestätigen. Im Gegenteil, es waren alle nahezu ausnahmslos sehr freundlich und auch sehr hilfsbereit. Den ‚Wiener Schmäh‘ hab ich etwas vermisst, aber man kann halt leider auch nicht alles haben 😉
Es gab mehr sprachliche Barrieren als ich im Vorfeld gedacht hätte, aber es war nichts, was nicht zu bewältigen gewesen wäre 😉

Welche Tipps/Überlebenstricks würdest du anderen Studierenden unbedingt mit auf den Weg geben? Was hat dir besonders gut/nicht so gut gefallen. Nutze diese Gelegenheit um besondere Dinge hervorzuheben!

Im Nachhinein betrachtet würde ich vielleicht doch eher das Sommersemester für einen Aufenthalt in Kiel wählen, weil die Lage am Meer so viel besser ausgenützt werden kann. Außerdem regnet es im Sommer (angeblich) auch nicht gar so oft wie im Winter. Kiel bietet einen tollen Ausgangsort für Reisen nach Skandinavien, was einer der Gründe war, weshalb ich mich für Kiel entschieden habe. Ansonsten würde ich noch als Tipp mitgeben, unbedingt regenfeste Schuhe und Gewand mitzubringen, da es wirklich sehr oft regnet, oder wie die Kieler sagen : ‚Hier regnet es nicht, das ist nur feuchte Luft…‘ – aber, man lernt hier jede einzelne Sonnenstunde wirklich sehr zu schätzen!