Who is WHO?

von Patrick Fegerl

Die WHO (World Health Organisation) ist sicher jeder und jedem im Medizinstudium ein Begriff, doch vor allem zu Beginn der SARS-Covid-2 Pandemie ist sie doch mehr ins mediale Rampenlicht gerückt und als der amtierende US-amerikanische Präsident DJ Trump sie für ihr langsames (und China-gehorsames) Handeln scharf kritisierte und den Austritt der USA ankündigte, hat sich vielleicht die ein oder andere Person gefragt, was das denn für Konsequenzen hätte. Deshalb möchte ich euch in diesem Artikel die Ziele und Projekte der WHO ein bisschen näherbringen, aber auch einen kurzen Blick auf die durchaus ernstzunehmende Kritik und die Finanzierung der Weltgesundheitsorganisation werfen.

Bereits Anfang des 20. Jahrhundert entstanden einige internationale Gesundheitsorganisationen, die sich mit der Öffentlichen Gesundheit auseinandersetzten, wie das Office international d’hygiène publique oder die Panamerikanische Gesundheitsorganisation, die 1948 im Geburtsjahr der WHO in diese integriert wurden. (Auch der Völkerbund hatte bereits eine Gesundheitsorganisation.) Die WHO hat als Spezialorganisation der UN derzeit 194 Mitgliedsstaaten und das erklärte Ziel „allen Menschen zur höchstmöglichen Gesundheit zu verhelfen“.

Der 3 Millionen Plan, Klassifikationen und unabhängige Statistiken

Praktisch ist das, wie man sich vorstellen kann, mit einer Vielzahl an Aufgaben verbunden, weshalb die WHO, ähnlich wie im Kommunismus, 5-Jahres-Pläne entwirft oder, wie die WHO es nennt, „General Programme of Work“, um die Ziele für die nahe Zukunft festzulegen. Der aktuelle „Triple Billion Plan“ aus 2019 soll eine Million weiteren Menschen eine universelle Gesundheitsversorgung ermöglichen, eine Million vor gesundheitlichen Notfällen schützen und eine letzte Million zu einem gesünderen Leben verhelfen.

Am bekanntesten ist wahrscheinlich die Arbeit der WHO in der Bekämpfung von Infektionskrankheiten, wie Pocken, Polio, HIV, aber auch Cholera und Typhus mit Impf- und Informationskampagnen, sowie der Bereitstellung von Medikamenten. Gut möglich, dass sie in diesem Bereich mit der Eradikation der Pocken und hoffentlich auch bald der Kinderlähmung ihre größten Erfolge feiern kann.

Eine weniger spannende und glorreiche, aber nichtsdestotrotz sehr wichtige Aufgabe der WHO ist die Erstellung von unabhängigen Statistiken zur globalen Gesundheit, welche einmal jährlich in einem World Health Statistics Report zusammengefasst werden. Für die, die sich lieber bunte Statistiken anschauen gibt es auch eine visuelle Zusammenfassung. Abgesehen vom World Health Statistics Report erstellt die WHO aber auch zahlreiche „kleinere“ Reports zu verschiedensten Krankheiten und Themen wie z.B. antimikrobielle Resistenzen und unterhält sogar eine Reihe an wissenschaftlichen Open-Access Journals.

Neben der Bekämpfung von Krankheiten und dem Erstellen von Statistiken, sind Klassifikationen und Standardisierungen zwei weitere große Projekte der WHO. Diese sollen die internationale Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich vereinfachen, helfen ein gemeinsames Vorgehen gegen Erkrankungen zu koordinieren und machen viele Statistiken der WHO erst möglich. So kann ein_e österreichische_r Ärztin_Arzt einem ägyptischen Befund zumindest in Theorie den ICD-10 Code entnehmen ohne Arabisch können zu müssen und weiß damit, welche Erkrankung bei ihrem_seiner Patienten_in diagnostiziert wurde. Obwohl der ICD zur Klassifikation von Erkrankungen am öftesten verwendet wird, gibt es auch noch den ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) zur Klassifikation von Funktion und Einschränkung und den entstehenden ICHI (International Classification of Health Interventions) für die genaue Beschreibung von gesundheitlichen Eingriffen, sei dies Prophylaxe, Diagnostik oder eine Operation.

Die WHO unterhält noch eine Vielzahl anderer Projekte, die aber den Rahmen dieses ohnehin schon langen Artikels sprengen würden. Gehört haben sollte man vielleicht noch von ihrer Liste unentbehrlicher Arzneimittel, die von jedem Mitgliedsstaat für die eigenen Bedürfnisse angepasst wird.

Resolutionen, Empfehlungen und Verträge

Einmal jährlich findet die Weltgesundheitsversammlung in Genf statt, wo sich die Gesundheitsminister_innen der Mitgliedsstaaten treffen, um Resolutionen zu beschließen und unverbindliche Empfehlungen zu erstellen.

Da unsere Erfolge in der Behandlung von Infektionskrankheiten und die Verbreitung des westlichen Lebensstils dazu geführt haben, dass inzwischen 70% der Tode weltweit auf nicht ansteckende zurückzuführen sind, verschiebt auch die WHO zunehmend ihren Fokus auf die Prävention von Zivilisationskrankheiten mittels Public Health Initiativen, was sich auch in den verabschiedeten Resolutionen widerspiegelt.

2003 gelang der WHO ein Novum, indem sie erstmals einen völkerrechtlichen Vertrag erstellte, nämlich das WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs, und 2015 machte ihre Unterorganisation, die IARC (International Agency for Research on Cancer), Schlagzeilen als sie rotes und verarbeitetes Fleisch in ihre Liste nachgewiesener Kanzerogene aufnahm.

Wer dem Geld folgt findet… Philanthropie?

Spätestens seit der amtierende US Präsident kritisierte, dass die USA (freiwillig) einen unverhältnismäßig großen Anteil der Finanzierung der WHO stemme, sind auch andere Bedenken über die Finanzierung der WHO aufgekommen.

Das Budget der WHO umfasst in etwa 4,4 Millionen US Dollar, wobei nur etwa 20% aus den Pflichtbeiträgen der Mitgliedsstaaten stammen. Der Rest kommt aus freiwilligen Spenden, von denen nur circa 4% nicht-zweckgebunden und 6% teilweise-zweckgebunden sind. Der größte Geldgeber nach der USA (15%) ist die Bill and Melinda Gates Stiftung (10%) knapp gefolgt vom Vereinten Königreich. Eine berechtigte Sorge ist, dass die WHO auf Grund der vielen zweckgebundenen Spenden nicht genug Spielraum hat, um das Budget auf die Projekte zu konzentrieren, die den meisten Menschen helfen würden. Außerdem könnte es zu Interessenskonflikten kommen, da der viertgrößte Spender, die Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI), eine öffentlich-private Partnerschaft ist, die neben Regierungen, NGOs und wieder der Bill and Melinda Gates Stiftung auch aus gewerblichen Impfstoffherstellern besteht. Obwohl der Organisation viel Lob zugesprochen wurde, ist sie auch z.B. von Ärzte ohne Grenzen kritisiert worden, die Preise für Impfstoffdosen niedriger ansetzen zu können.

Spielball der Politik

Da die WHO auch nur eine Spezialorganisation der UNO ist und die Großmächte zufrieden halten muss, um weiterhin agieren zu können, ist sie manchmal gezwungen Eingeständnisse zu machen.
So ist Taiwan auf Druck von China kein Mitglied der UN, durfte aber bis 2017 als Beobachter, wie es etwa der Vatikan oder das Internationale Rote Kreuz sind, an den Generalversammlungen teilnehmen, was seitdem aber auch von China unterbunden wurde.

Zu schnell, zu langsam, zu ineffektiv

Wie jede Organisation oder Regierung, die große Ziele hat und probiert etwas zu bewegen, hat auch die WHO bereits einiges an Kritik einstecken müssen. So wurde ihr beim Ausbruch der Schweine- und der Vogelgrippe vorgeworfen, die Bedrohung als zu schwer eingeschätzt, Panik verbreitet und Regierungen dazu verleitet zu haben, unnötig große Mengen an antiviralen Medikamenten und Impfungen zu bunkern, was Pharmaunternehmen große Profite ermöglichte. Beim Ebola Ausbruch 2014 hingegen holte sich die Organisation Kritik ein, wegen ihres schleppenden Bürokratie Apparates nicht effektiv geholfen zu haben, und jetzt während der SARS-CoV2 Pandemie zu langsam reagiert zu haben. Man kann darüber streiten, ob es zu spät war als die WHO am 30. Jänner 2020 eine globale Gesundheitskrise ausrief, aber viele Staaten führten erst im März 2020 ernstzunehmende Maßnahmen ein.

Es stellt sich also die Frage, ob das Problem wirklich in der WHO selbst liegt, oder im Unwillen der einzelnen Mitgliedsstaaten ihre Warnungen ernst zu nehmen und ihren Empfehlungen zu folgen.

Fazit

Insgesamt kann man das Ziel und die Anstrengungen der WHO nur loben, aber wie auch die UNO selbst ist sie auf die Mitarbeit ihrer Mitgliedsstaaten angewiesen, um Probleme zu lösen. Um die Organisation unabhängiger von freiwilligen Spenden zu machen, die von einem Jahr auf das andere einfach wegfallen könnten, und Interessenskonflikte zu umgehen, wäre es vielleicht sinnvoll den Pflichtbeitrag der Mitgliedsstaaten zu erhöhen, der im Moment weniger als ein Viertel der Finanzierung ausmacht.

Abbildungen:

Titelbild:  Photo by Fernando @cferdo on Unsplash
Checkliste: Bild von mohamed Hassan auf Pixabay

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