Serie Ausbildung – Teil 3: Fachausbildungen

von Annika Sima

Nach der abgeschlossenen Basisausbildung eröffnen sich nun zwei Hauptpfade, die man einschlagen kann: Eine allgemeinmedizinische Ausbildung oder eine Sonderfachrichtung. Wer sich gar nicht entscheiden kann, kann auch eines nach dem anderen machen. Da wir im letzten Beitrag unserer Serie die Allgemeinmedizin beleuchtet haben, kommen heute die Fachausbildungen an die Reihe.

Dauer und Aufbau

Zusammengerechnet dauert so eine Sonderfachausbildung nach Abschluss des Studiums mindestens 72 Monate bei Vollbeschäftigung (mind. 35 Stunden/Woche), also ca. sechs Jahre: 9 Monate Basisausbildung, die nächsten 63 Monate sind eine Kombination aus der Sonderfach-Grundausbildung (SFG) und der Sonderfach-Schwerpunktausbildung (SFS). Eine Ausnahme stellt die Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie dar, was weiter unten geklärt wird.

Als „Sonderfach-Grundausbildung“ (SFG) bezeichnet man die fachspezifische Grundausbildung im Sonderfach. Die SFG schließt an das Basisjahr an, es werden grundsätzliche Kompetenzen im gesamten Gebiet des Sonderfaches vermittelt. In der anschließenden „Sonderfach-Schwerpunktausbildung“ (SFS) hingegen findet die vertiefte Ausbildung in den Teilgebieten des Sonderfaches statt. Die SFS ist in Module gegliedert, wobei die Dauer eines Moduls zumindest neun Monate umfasst (aber es gibt natürlich auch hier wieder Ausnahmen).

Abgeschlossen wird eine Fachausbildung mittels einer Prüfung zum_zur Facharzt_ärztin.

Wissenschaftliches Modul in der SFS

Wer gern forscht und sich wissenschaftlich betätigt, kann sich im Zuge der Fachausbildung über ein wissenschaftliches Modul für wissenschaftliche Tätigkeit qualifizieren und einen zusätzlichen Titel verdienen. Dieses Modul dauert ebenfalls 9 Monate und ist für alle Sonderfachrichtungen gleich gestaltet, um sich bei wissenschaftlicher Tätigkeit fortzubilden. Gleich nach Abschluss der Basisausbildung kann man damit beginnen. Die Dauer der wissenschaftlichen Arbeit, die hier im Rahmen eines Doktorats- oder PhD-Studiums geleistet wird, wird der Zeit der Sonderfach-Schwerpunktausbildung (SFS) angerechnet, nicht die Sonderfach-Grundausbildung (SFG). Befindet man sich in der SFG, wird diese für die Dauer des wissenschaftlichen Moduls unterbrochen. Hat man bereits nach Abschluss des Medizinstudiums ein PhD-/Doktorats-Studium absolviert (oder Teile davon), ist dieses im Ausmaß von 9 Monaten auf das wissenschaftliche Modul anrechenbar, auch wenn man damals noch nicht in die Ärzteliste eingetragen war. Auch gleichwertige im Ausland absolvierte „research fellowships” sind anrechenbar.

Fehlzeiten – Sechstelregelung

Analog zur allgemeinmedizinischen Ausbildung gibt es auch bei den Fachausbildungen die Sechstelregelung. Das heißt, Fehlzeiten können auf die Ausbildungszeit angerechnet werden, dürfen dafür aber insgesamt nicht mehr als ein Sechstel der Ausbildungszeiten betragen. Das heißt, bei Vollzeitbeschäftigung sind fünf Arbeitstage Fehlzeit pro Kalendermonat (30 Tage pro Monat, davon ein Sechstel = 5 Tage) erlaubt.

Fehltage, die auf ein Wochenende oder einen Feiertag fallen, werden nicht ins Sechstel eingerechnet. Bei Teilzeitbeschäftigung erfolgt eine adäquate Berechnung der erlaubten Fehltage. Wenn man also halb so viele Stunden pro Woche absolviert, braucht die Ausbildung doppelt so lange – dementsprechend werden ebenfalls doppelt so viele Fehltage zur Verfügung gestellt.

Die Fehlzeiten werden getrennt für alle Ausbildungsabschnitte berechnet (Basisausbildung, SFG, SFS).

Im Übrigen gelten diese allgemeinen Regelungen auch für die ausländischen Ausbildungszeiten, damit man sie in Österreich anrechnen lassen kann. Dafür einfach anschließend die ausländischen Zeugnisse bei der Ärztekammer einreichen, die dann über die Gleichwertigkeit entscheidet.

Die Ausbildung findet an klinischen Einrichtungen statt. Es kann jedoch auch ein Teil (bis zu 12 Monaten) der Sonderfach-Schwerpunktausbildung in Lehr(gruppen)praxen niedergelassener Fachärzt_innen oder in Lehrambulatorien absolviert werden.

Anmeldung zur Ausbildung

Der Anmeldungszeitpunkt hängt von der Organisation ab, bei welcher man die Ausbildung starten möchte. Beim größten Krankenhausträger Wiens, dem KAV, ist eine Online-Anmeldung der erste Schritt. Diese Online-Anmeldung kann bereits nach erfolgreich absolvierter SIP 5a getätigt werden. In sonstigen Einrichtungen benötigt man zuerst den fertigen Promotionsbescheid dafür. Danach findet eine persönliche Bewerbung in der jeweiligen Krankenanstalt statt, bzw. bei den Vorstehenden der jeweiligen Sonderfachabteilung, an welcher man im Fach ausgebildet werden möchte.

Das weite Spektrum der Fachrichtungen

Obwohl ich dachte, ich würde die meisten Sonderfachrichtungen bereits (zumindest namentlich) kennen, wurde ich bei meiner Recherche des Besseren belehrt. Es gibt tatsächlich richtig viele Möglichkeiten, sich fachlich zu orientieren. Sehen wir uns mal das Spektrum in Österreich an (Quelle ÖÄK).

  • Anästhesiologie und Intensivmedizin
  •  Anatomie
  •  Arbeitsmedizin und angewandte Physiologie
  •  Augenheilkunde und Optometrie
  •  Chirurgische Sonderfächer:
    • Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie
    • Allgemeinchirurgie und Gefäßchirurgie
    • Herzchirurgie
    • Kinder- und Jugendchirurgie
    • Neurochirurgie
    • Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie
    • Thoraxchirurgie
  •  Frauenheilkunde und Geburtshilfe
  •  Gerichtsmedizin
  •  Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
  •  Haut- und Geschlechtskrankheiten
  •  Histologie, Embryologie und Zellbiologie
  •  Internistische Sonderfächer („ehem. Additivfächer“):
    • Innere Medizin
    • Innere Medizin und Angiologie
    • Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie
    • Innere Medizin und Gastroenterologie und Hepatologie
    • Innere Medizin und Hämatologie und internistische Onkologie
    • Innere Medizin und Infektiologie und Tropenmedizin
    • Innere Medizin und Intensiv- und Notfallmedizin
    • Innere Medizin und Kardiologie
    • Innere Medizin und Nephrologie
    • Innere Medizin und Pneumologie
    • Innere Medizin und Rheumatologie
  •  Kinder- und Jugendheilkunde
  •  Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
  •  Klinisch-Immunologische Sonderfächer:
    • Klinische Immunologie
    • Klinische Immunologie und Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin
  •  Klinisch-Pathologische Sonderfächer:
    • Klinische Pathologie und Molekularpathologie
    • Klinische Pathologie und Neuropathologie
  •  Klinisch-Mikrobiologische Sonderfächer:
    • Klinische Mikrobiologie und Hygiene
    • Klinische Mikrobiologie und Virologie
  •  Medizinische Genetik
  •  Medizinische und Chemische Labordiagnostik
  •  Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
  •  Neurologie
  •  Nuklearmedizin
  •  Orthopädie und Traumatologie
  •  Pharmakologie und Toxikologie
  •  Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation
  •  Physiologie und Pathophysiologie
  •  Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
  •  Public Health
  •  Radiologie
  •  Strahlentherapie-Radioonkologie
  •  Transfusionsmedizin
  •  Urologie

Besonderheit Mund-, Kiefer-, und Gesichtschirurgie

Dieses Sonderfach hat, anders als die anderen Fächer, eine kürzere Ausbildungszeit vorgesehen: Statt zusätzlichen 63 Monaten wie sonst nach dem Basisjahr sind es ca. 39 Monate. Wohl gerechtfertigt, denn um das Sonderfach zu bekleiden benötigt man die Approbationen in Zahn- UND Humanmedizin! Die Grundausbildung selbst dauert dann 15 Monate, 24 Monate sind Schwerpunktausbildung. Während der Ausbildung müssen 500 operative Eingriffe aus verschiedenen Gebieten getätigt werden.

Irgendwie taugt’s ma do ned so ganz

Das falsche Fach begonnen? Kein Problem, denn ein Wechsel zwischen den verschiedenen Ausbildungen ist immer möglich. Die Basisausbildung wird jedenfalls angerechnet, ist die Spezial-Grundausbildung ident, dann ebenfalls diese. Sollte man davor die Ausbildung zur Allgemeinmedizin gemacht haben, werden ebenso die 9 Monate Basisausbildung angerechnet.

Der letzte Schritt: Die Facharztprüfung

Auch hier gibt es eine Prüfung, welche das Ende der Fachausbildung darstellt. Hier gibt es eine schriftliche und teilweise zusätzliche mündliche Arztprüfung, abhängig vom gewählten Fach. Die Prüfung wird von der Österreichischen Akademie der Ärzte abgehalten und dient zur Qualitätssicherung, indem integratives Wissen im Alltag überprüft wird. Sie stellt somit die Voraussetzung dar, Patient_innen selbständig behandeln zu dürfen. Vor dem Antritt findet eine Anhörung durch den Prüfungsausschuss statt.

Vor dem Antritt ist eine (steuerlich absetzbare) Prüfungsgebühr zu entrichten, im Jahr 2021 beträgt sie €1186 für die Sonderfächer. Die Anmeldung findet über ein Formular bei der Ärztekammer des jeweiligen Bundeslandes statt, für die Fachprüfung muss man sich mindestens 3 Monate im Voraus anmelden – außer, man war im Ausland, dann reichen auch 5 Wochen. Bei fristgerechter oder entschuldigter Abmeldung ist keine Zahlung notwendig. Zur Prüfung wird man dann zugelassen, wenn zum Zeitpunkt des Antrages mind. 44 Monate an praktischer Ausbildung vorhanden sind und die Urkunden der Rasterzeugnisse nachgewiesen werden können.

Bei internistischen Fächern gibt es eine Sonderregelung. Hier werden nämlich 2 Teilprüfungen abgehalten: Eine Prüfung zur Sonderfach-Grundausbildung (mit mind. 33 Monaten praktischer Ausbildung zum Zeitpunkt der Anmeldung) und eine zur Sonderfach-Schwerpunktausbildung (mit mind. 53 Monaten zum Zeitpunkt der Anmeldung). Die Prüfung zur Grundausbildung ist keine Voraussetzung für die Schwerpunktausbildung, d.h. man verliert keine Zeit durch eine aufgeschobene/zu wiederholende Grundausbildungs-Prüfung. Die Teilprüfungen der internistischen Sonderfächer kosten je €593.

Aber auch die Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie hat andere Regelungen: Bei der Prüfungsanmeldung müssen mind. 15 Monate praktische Sonderfachgrundausbildung und mind. 5 Monate Sonderfachschwerpunktausbildung vorliegen.

Hat man bereits eine Facharztprüfung im Ausland abgelegt, können Teile davon angerechnet werden, insofern sich die Ausbildungsinhalte decken. Als Nachweis dafür müssen die fremdsprachigen Urkunden mit einer notariell beglaubigten Übersetzung vorgelegt werden.

Für jedes Fach gibt es mindestens 1 Prüfungstermin pro Jahr. Bei der Prüfung gilt, wie immer: Nicht schummeln, die Bestehensgrenze wird durch die Ausschüsse festgesetzt, und es gibt 5 Antritte, wobei die letzte kommissionell stattfindet, also mündlich vor 3 Personen aus dem Ausschuss. Und ob du bestanden hast oder nicht siehst du per Post (altmodisch) oder E-Mail (modern) mit beigelegtem/angehängtem Zertifikat.

Mehr geht immer – Spezialisierungen

Mit dem Facharzt_ärztin-Titel muss aber auch noch nicht Schluss sein! Für Fachärzt_innen und Allgemeinmediziner_innen besteht die Möglichkeit, zusätzliche fachspezifische oder fächerübergreifende Spezialisierungen (ehem. „Additivfächer“) in Kursen zu absolvieren und sich danach ein weiteres Diplom an die Wand zu hängen. Für eine Spezialisierung ist eine fertige Ausbildung nötig, d.h. Turnusärzt_innen können davon leider nicht Gebrauch machen.

  • Dermatohistopathologie
  • fachspezifische psychosomatische Medizin
  • Geriatrie
  • Handchirurgie
  • Neonatologie und Pädiatrischer Intensivmedizin
  • Spezialisierung in Neuropädiatrie
  • Palliativmedizin
  • Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie
  • Pädiatrische Gastroenterologie und Hepatologie
  • Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
  • Pädiatrische Kardiologie
  • Pädiatrische Nephrologie
  • Pädiatrische Rheumatologie
  • Phoniatrie
  • Schlafmedizin

Außerdem werden laufend neue Spezialisierungen durch die Österreichische Ärztekammer geschaffen. Nähere Infos zu Spezialisierungen sind in den Anlagen der Spezialisierungsverordnung zu finden, da ich mich hier sonst vom Hundertsten ins Tausendste verlieren würde.

Ich hoffe, mit dem Beitrag ein bisschen mehr Klarheit geschaffen zu haben! 🙂

Links:

Ärzteausbildungsordnung 2015:

RIS – ÄAO 2015: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20009186

ÖÄK – ÄAO 2015: https://www.aerztekammer.at/aeao-2015

Anmeldungen

KAV: https://www.turnus-wien.at/nach-dem-studium/ausbildung-im-kav/

Vinzenzgruppe: https://vinzenzgruppe.at/doctorspoint/doctorspoint-wien/fachausbildung

Barmherzige Brüder Österreich: https://www.barmherzige-brueder.at/portal/karriere/berufsinformation/medizinischeberufe/faausbildung

Infos zur Ausbildungsstellenmeldung: https://www.aekwien.at/ausbildungsstellenmeldung

Sonderfächer & Spezialisierungen:

Sonderfächer mit Anlagen und Modulen: https://www.aerztekammer.at/ausbildung-fachaerzte

Internistische Sonderfächer (ÖGIM): https://www.oegim.at/internistische-sonderfaecher/internistische-sonderfaecher-im-ueberblick.html

Aktuelle Spezialisierungsverordnung der ÖÄK: https://www.aerztekammer.at/documents/261766/417722/SpezV_ueWB+3.Nov_2019-12-13_Beschl+140.VV_konsolidiert.pdf/732dd4a6-f0ae-f650-5c3c-eace579e72f8?t=1576754728577

Spezialisierungen: https://www.aerztekammer.at/spezialisierungen

Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie:

MedUni Wien – Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie: https://www.meduniwien.ac.at/hp/mkg-chirurgie/

Ausbildungsinfos OGMKG: https://www.oegmkg.at/aerzte/ausbildungsordnung/

Infos Doppelapprobation MedUni Wien: https://www.meduniwien.ac.at/web/studium-weiterbildung/anmeldung-zulassung/diplomstudien-human-und-zahnmedizin/zulassung-zur-doppelapprobation/

Abbildungen

Titelbild: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
Arztmantel: Bild von Darko Stojanovic auf Pixabay
Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie: Bild von Rafael Juárez auf Pixabay
Chirurgie: Bild von marionbrun auf Pixabay

Fragen, Anmerkungen und Kommentare

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